‏ Job 12:9

Hiob verweist auf Zeugen

Nach einem Einschub (Hiob 12:4-6) kehrt Hiob zu seinem Hauptargument zurück (Hiob 12:2; 3) und ruft Himmel und Erde als Zeugen auf, um zu zeigen, dass Gott überall ist und alles tut (Hiob 12:7-13). Er verweist seine Freunde auf die untere Schöpfung, die der Tiere und Vögel (Hiob 12:7). Sie sollten bei diesen Tieren mal in die Lehre gehen. Dann werden sie über Gottes Handeln belehrt. Ihre Unwissenheit wird verschwinden, denn es wird ihnen gezeigt, wie Gott handelt. Wenn sie hingehen und die Erde und die Fische im Meer befragen, werden sie dieselbe Lektion erhalten, denn sie werden dasselbe sagen (Hiob 12:8). Sie werden feststellen, dass die gleiche Ungerechtigkeit, die auch er erlebt, überall in der Natur zu finden ist. Die Natur macht deutlich, dass die Starken über die Schwachen triumphieren und dass diejenigen, die grausam sind, sich durchsetzen.

Gott tut überall das Gleiche. Was sie in der Natur sehen, bestätigt, was in der Welt der Menschen geschieht. Auch dort sind es die Brutalen und Grausamen, die auf den Sanftmütigen herumtrampeln. Ist das nicht etwas, das jeder beobachten kann (Hiob 12:9)? Gibt es jemanden, der das nicht sieht? Sie sind entweder sehr kurzsichtig oder völlig blind. Dahinter verbirgt sich „die Hand des HERRN“. Dies ist das einzige Mal, dass der Name „HERR“ in den Gesprächen mit den Freunden auftaucht.

Aufgrund dessen, was Hiob sagt, könnte man meinen, dass Gott der Urheber des Bösen ist. Wir müssen bedenken, dass das, was Hiob beschreibt, die Folge der Sünde ist, die in die Welt gekommen ist. Gott ist nicht der Verursacher des Bösen. Er hat aber Folgen für das Böse, das es gibt, vorgesehen. Eine dieser Folgen ist, dass das Böse über das Gute regiert, sodass es den Anschein hat, dass Er das Tun des Bösen belohnt.

Gott hält alles, was lebt, in seiner mächtigen Hand (Hiob 12:10; vgl. Mt 10:29). Hierdurch unterstreicht Hiob die Souveränität Gottes. Alles ist unter seiner Kontrolle. Dazu gehört die Seele aller Lebewesen – menschlicher und tierischer – und darüber hinaus der Geist, den Er von allen lebendigen Wesen allein dem Menschen gegeben hat (Pred 3:21; 1Mo 2:7; Dan 5:23). Er schenkt dem Menschen, ohne dazu verpflichtet zu sein, Leben, Gesundheit und Glück (Apg 14:17) und hat das Recht, all das wegzunehmen, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen. Mit dem Ausdruck „menschlichen Fleisches“ weist Hiob darauf hin, dass der Mensch denselben Gesetzen unterworfen ist wie der Rest der Schöpfung.

Wenn Worte gesprochen werden – hier abwechselnd von den Freunden und Hiob –, beurteilt der Zuhörer – hier abwechselnd die Freunde und Hiob – ihren Inhalt (Hiob 12:11). Die Frage ist, ob sie wahr oder unwahr, richtig oder falsch sind, ob sie anzunehmen oder zu verwerfen sind, ob sie Worte Gottes oder Worte von Menschen sind. Die Beurteilung von Worten ist wie die Verkostung von Speisen durch den Gaumen. Die Freunde haben Hiobs Worte gekostet, sie aber als ungenießbar zurückgewiesen. Umgekehrt hat Hiob ihre Worte gekostet und spuckt sie aus. Er verwirft sie, weil es unwahre, falsche Worte sind. Sie sind nicht die Worte Gottes, sondern die Worte von Menschen.

Nach dem Hinweis auf die Tiere und die Erde verweist Hiob auf die Greisen und die die im hohen Alter sind (Hiob 12:12). Sie haben in ihrem langen Leben Weisheit und Einsicht gewonnen. Ihre Beobachtungen und Erfahrungen haben sie geprägt. Hiob hat keinen Zweifel daran, dass sie ihm Recht geben werden. Sie sollen seinen Fall untersuchen und herausfinden, was an den Anschuldigungen seiner Freunde dran ist.

Schließlich weist Hiob seine Freunde auf eine Weisheit hin, die die im hohen Alter sind, bei weitem übertrifft, und zwar die vollkommene Weisheit, die er bei Gott findet (Hiob 12:13). Gott hat nicht nur Weisheit, sondern auch Macht. In seiner Weisheit hat Er die Welt entworfen, und durch seine Macht hat Er die Welt geschaffen. „Bei ihm ist Weisheit und Macht; sein ist Rat und Einsicht“, was bedeutet, dass Er genau weiß, was Er mit dem, was er entworfen und geschaffen hat, tun muss.

Davor kann der Geist des Menschen nur noch schweigen. Es ist daher nicht klug von den Freunden, zu erklären, warum Gott mit Hiob so handelt, wie Er es tut. Es ist vielmehr eine Anmaßung, ein Einmischen in Dinge, die Gott sich selbst vorbehalten hat.

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