Job 20:6

Einleitung

Jetzt ist Zophar mit einer zweiten Rede an der Reihe. Er ist der schärfste Redner. Von allen Freunden ist er derjenige, der am wenigsten Zweifel daran lässt, wen er meint. Wegen seiner Feurigkeit ist er auch der erste, der mit seinem Sprechen fertig ist. Dies ist seine zweite und letzte Rede. Die beiden anderen Freunde werden noch ein drittes Mal mit Hiob sprechen und danach auch schweigen.

Was Zophar sagt, ist fast alles wahr. Sein großer Fehler ist, dass er alles, was er sagt, auf einen Gerechten anwendet. Wenn wir den Unterton seiner Worte ein wenig herausschmecken, scheint es, dass Zophar jemand ist, der aus der komfortablen Situation heraus spricht, dass er selbst gesund und wohlhabend ist und darin für sich selbst den Beweis seiner eigenen Güte und Rechtschaffenheit sieht.

Zophars Gebrauch der hebräischen Sprache in Versen ist brillant und meisterhaft, ein literarisches Meisterwerk. Umso tragischer ist es, dass eine falsche Botschaft auf so brillante Weise verpackt und vermittelt werden kann.

Er beginnt damit, dass er rechtfertigt, warum er wieder einmal mit Worten in den Krieg zieht (Hiob 20:1-3). Dann beschreibt er mit viel Liebe zum Detail, wie nach seiner Theologie ein gottloser Mensch aussieht (Hiob 20:4-29).

Die Freude des Gottlosen ist kurz

Jetzt ist Zophar an der Reihe, Hiob zu antworten (Hiob 20:1). Die Schnelligkeit und Vehemenz seiner Antwort zeigen, wie so oft, dass er oberflächliche Gedanken und keine Wahrheiten von Gewicht äußert. Er hat sich seine Gedanken gemacht, während Hiob sprach, ohne ihm richtig zuzuhören. Diese Gedanken wird er als Antwort aussprechen (Hiob 20:2). Es sind in der Tat seine Gedanken, nicht die von Gott, egal wie viel Wahrheit in seinen Worten steckt. Er wird sie auch nicht zu lange hinauszögern, denn den Worten Hiobs muss sofort widersprochen werden.

Denn Hiob hat eine Strafe ausgesprochen – er hat sie selbst gehört –, die ihn zuschanden macht (Hiob 20:3). Damit wird er die strenge Warnung Hiobs in den letzten Versen des vorigen Kapitels meinen. Diese Warnung klingt nach. Was Hiob dort zu ihnen sagte, kann er natürlich nicht unbeantwortet lassen. Dort beschuldigt Hiob sie doch tatsächlich einer kriminellen Handlung gegen ihn. Es ist eine Schande!

Zophar ist zuversichtlich, dass sein Geist wissen wird, was er sagen soll. Es geht hier nicht um den Geist Gottes, auch nicht um den Geist von Zophar, sondern um den Geist der Einsicht, d. h. um eine Einsicht, die auf der Überlieferung der Alten beruht. Dafür hat er genug Einsicht und Verstand. Er ist so überzeugt von seiner Richtigkeit, dass eine Korrektur für ihn undenkbar, ja beleidigend ist. Er sieht sich selbst als jemanden, der die Dinge gut durchschaut, vor allem die Sache mit Hiob. Ihm macht niemand etwas vor. Nein, andere, vor allem Hiob, sollten auf ihn hören, weil er sich auskennt.

Er wird Hiob mal über etwas aufklären, das seit der Schöpfung existiert (Hiob 20:4). Jeder, der ein wenig Verstand hat, weiß das. Es geht darum, wie die Bösen und die Heuchler enden werden (Hiob 20:5). Weiß Hiob das? Hiob hat behauptet, etwas zu wissen (Hiob 19:25), aber Zophar sagt, dass Hiobs Wissen aus der Luft gegriffen ist, denn es beruht nicht auf einer richtigen Kenntnis der Geschichte. Es handelt sich also um dummes Wissen. Damit wischt Zophar das Argument Hiobs vom Tisch.

Zophar wird nicht sagen, dass die Bösen und die Heuchler keine Freude haben, aber es ist klar, dass sie immer nur von kurzer Dauer ist. Was Zophar sagt, mag beeindruckend klingen, aber es ist nicht immer wahr. Kain zum Beispiel lebte noch lange Zeit, nachdem er seinen Bruder ermordet hatte.

Für Zophar ist Hiob der Beweis dafür, dass die Erkenntnisse, die er aus seinem Studium der Geschichte gewonnen hat, richtig sind. Hiob hat Wohlstand und Freude genossen, aber in Wirklichkeit ist er ein Gottloser und Heuchler. Daher war diese Zeit des Wohlstands und der Freude nur von kurzer Dauer, für einen Augenblick gewesen. Hiob kann sich so viel einbilden, wie er will, und mit dem Kopf in den Wolken gehen, aber er endet im Unglück (Hiob 20:6). Im Hintergrund steht der Gedanke, dass Zophars Gesundheit und Wohlstand der Beweis dafür sind, dass er Recht hat.

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