Job 7:3

Die Kurzlebigkeit des Lebens

Hier setzt Hiob seine Antwort an Eliphas fort. Er fährt fort, seine ungestümen Äußerungen der Verzweiflung zu rechtfertigen. Die Worte in diesem Kapitel bilden eine Klage, die einen allgemeinen Charakter hat, aber in Anwesenheit der drei Freunde geäußert wird. Später richtet er seine Klage an Gott. Deshalb nimmt Hiobs Rede an Vehemenz zu. Hiob weiß wie kein anderer Sterblicher auf der Erde, dass er einen harten Dienst zu tun hat (Hiob 7:1). Leben heißt für jeden Menschen hart zu dienen.

Das hebräische Wort für „Dienst“, tsava, bedeutete ursprünglich harten militärischen Dienst; später bekam es die Bedeutung von harter Arbeit im Allgemeinen. Für manche ist der Dienst heftiger als für andere, aber der harte Dienst ist da. Für den Christen gilt das immer, denn er steht im Kriegsdienst und hat als Soldat Jesu Christi einen harten Kampf zu führen (2Tim 2:3). Im Fall von Hiob ist der Dienst so hart, dass er sich danach sehnt, ihn zu beenden. Jeder Tag ist für ihn ein Tag harter Arbeit, wie für einen Tagelöhner.

Hiob fühlt sich wie ein Knecht, der in der brennenden Sonne arbeiten muss und sich nach dem Schatten des Abends sehnt (Hiob 7:2). Er will der Hitze der Prüfungen entkommen. Wie ein Tagelöhner, für den der Tag nicht schnell genug vorbei sein kann, weil er am Ende seinen Lohn ausbezahlt bekommt, sehnt sich Hiob danach, dass der Tag des Elends zu Ende ist.

Dieser Tag des Elends dauert schon seit Monaten an (Hiob 7:3). Es sind „Monate der Nichtigkeit“. Die Tage der Krankheit Hiobs sind nicht nur Tage des Elends, sondern auch Tage, an denen alle Mühen nichts bewirken. Dadurch entsteht das Gefühl von Ziellosigkeit, Sinnlosigkeit und Leere. Für Gott ist das nicht so. Wir müssen lernen, zu akzeptieren, dass Gott einen Sinn für unser Leben hat, auch wenn wir unserer Meinung nach unsere Tage in Nichtigkeit verbringen.

Auch in den Nächten ist Hiob nicht vom Elend befreit, denn es sind „Nächte der Mühsal“. Er fühlt die Mühe die ganze Zeit. Diese Nächte sind ihm „zugezählt“, ähnlich wie die Monate der Nichtigkeit, die ihm „zuteil geworden“ sind. Was dir zuteil wird, bekommst du. So wie deinen Anteil. Für beides musste Hiob nichts tun. Es scheint, dass er diese Worte benutzt, um anzuzeigen, dass er die Nichtigkeit und die Mühe nicht verdient hat.

Normalerweise erholst du dich, indem du schläfst. Ein guter Schlaf ist erfrischend und gibt uns neue Kraft. Schlaf kann auch eine heilende Wirkung haben (Joh 11:12), aber auch diese Wirkung ist Hiob nicht beschieden (Hiob 7:4). Wenn er schlafen gehen will, weiß er, dass es wieder eine lange Nacht voller Mühen werden wird. Deshalb sehnt er sich gleich danach, wieder aufzustehen. Aber wenn er aufsteht, denkt er darüber nach, wie lange der Tag noch dauern wird, bevor Gott es wieder Abend werden lässt. Bis zur Dämmerung wird er den ganzen Tag über von Unruhe erfüllt sein (vgl. 5Mo 28:67). Was für eine Quälerei! Nirgends Ruhe und niemals Ruhe!

Die Unruhe, die seinen Geist quält, wird von furchtbaren körperlichen Leiden begleitet (Hiob 7:5). Dazu kommt, dass er furchtbar aussieht. Überall auf seiner Haut sind Maden. Auf seinen Wunden befindet sich nicht der gewöhnliche Schorf der Heilung, sondern ein Schorf aus Staub, der die Wunde nur noch schmutziger und die Schmerzen noch stärker macht. Seine Haut ist aufgespalten, rissig, und überall ist der Eiter.

Die Tage, die vergangen sind, sind immer schneller vergangen, als wir es wahrgenommen haben, ob es nun Tage des Wohlstands oder Tage des Unglücks sind (Hiob 7:6). Die Tage, die hinter uns liegen, sind mit der Geschwindigkeit „eines Weberschiffchens“ vorbeigeflogen (vgl. Jak 4:14b; 1Pet 1:24). Der Tag, den wir erleben, und die Tage, die vor uns liegen, dauern immer länger, als uns lieb ist, wenn es Tage mit hoffnungslosem Schmerz und Kummer sind.

Hiob appelliert in Hiob 7:7 an Gott, daran zu denken, dass sein Leben „ein Hauch“ ist (vgl. Ps 78:39). Er sagt dies ohne jede Hoffnung, dass Gott dies tun wird. Er rechnet nicht damit, dass sein Auge noch jemals das Gute sehen wird. Auch wird ihn niemand mehr sehen von denen, die ihn jetzt noch sehen (Hiob 7:8). Sie werden ihn nicht mehr wahrnehmen, denn er wird nicht mehr sein. Er hat keine Hoffnung, dass Gott jemals seine Augen zum Guten von ihm abwenden wird.

Hiob fühlt sich wie eine Wolke, auch mit „Nebel“ oder „Dunst“ zu übersetzen, die man einen Moment lang sieht und dann aus dem Blickfeld verschwindet oder sich auflöst (Hiob 7:9). So ist es, sagt er, mit jemandem, der ins Totenreich hinabsteigt. Er verschwindet aus dem Blickfeld und nichts bleibt von ihm übrig. Er wird nie wieder ins Leben auf die Erde zurückkehren. Das soll nicht heißen, dass Hiob nicht an die Auferstehung glaubt, sondern dass das Leben auf der Erde für ihn vorbei ist und dass andere ihn dort auch nicht mehr sehen werden, wenn er von der Erde verschwunden ist.

Was ihn bei diesem Gedanken am meisten quält, ist, dass er nie wieder an den vertrauten Ort seiner Wohnung zurückkehren wird und dass seine vertraute Umgebung ihn nicht mehr sehen wird (Hiob 7:10). Das gewohnte Straßenbild ist für ihn verschwunden und er ist aus dem gewohnten Straßenbild verschwunden. Sie werden seine Erscheinung nicht mehr sehen, seinen Schritt oder seine Stimme nicht mehr hören. So ist das mit dem Tod. Es macht Schluss mit allem, was man auf der Erde kennt und schätzt. Diejenigen, die zurückbleiben, werden ohne ihn auskommen müssen. Das Altvertraute kehrt nie wieder zurück.

Das sind die Gedanken von jemandem, der von Fragen nach dem Warum dessen, was ihm widerfährt, gequält wird. Aber der Gläubige darf wissen, dass er an einen besseren Ort geht, wohin unzählige Gläubige vor ihm gegangen sind. Vor allem darf er wissen, dass der Tod ihn zum Herrn Jesus bringt, ins Paradies, wo es bei weitem am schönsten ist (Lk 23:43 ; Phil 1:23).

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