John 15:15

Das Gebot einander zu lieben

Mit dem Gebot, einander zu lieben, kommt Herr auf das zurück, was Er bereits früher gesagt hat (Joh 13:34). Liebe muss alle Beziehungen zwischen den Gliedern der Familie Gottes bestimmen. Die Jünger sollen einander mit einer Liebe lieben, die über all den Schwachheiten der anderen steht. Der Herr richtet den Scheinwerfer auf dieses Gebot und nennt es „mein Gebot“, weil es die Zusammenfassung aller anderen Gebote ist. Es ist nicht die moralische Verpflichtung zur Nächstenliebe, sondern die gegenseitige Liebe der Christen, deren Maßstab die Liebe Christi zu ihnen ist. Dies taten die neubekehrten Thessalonicher (1Thes 4:9).

Das Gebot der Liebe ist das Gebot der göttlichen Natur, deren Teilhaber wir geworden sind (2Pet 1:4) und wodurch alles geschehen kann. Es ist ein Gebot für den Gläubigen, denn in sein Herz ist die Liebe Gottes ausgegossen. Zu dieser Natur, die nicht anders kann als lieben, sagt der Herr Jesus, dass er lieben soll. Das ist so, als würde man zu einem Fisch sagen: Du sollst schwimmen. Er kann und will nicht anderes, wenn er schwimmt, ist er in seinem Element.

Die Norm für unsere Liebe zueinander ist die Liebe des Herrn Jesus. Er hat seine Liebe bewiesen, indem Er für uns sein Leben hingegeben hat. Das tat Er, weil Er uns als seine Freunde betrachtete. Wir könnten vielleicht sagen, dass es ein noch größerer Liebesbeweis ist, wenn jemand sein Leben für seine Feinde lässt. Aber darum geht es hier nicht. Der Herr nennt seine Jünger seine Freunde. Kann es einen größeren Beweis der Liebe zu denen geben, die Er seine Freunde nennt, als dass Er sein Leben für sie lässt?

Auch wir können keinen größeren Beweis der Liebe zu unseren Freunden, unseren Geschwistern, erbringen, als dass wir unser Leben für sie hingeben. Das sind wir auch ihnen schuldig (1Joh 3:16). Doch was ist diese Theorie wert, wenn wir im täglichen Leben unser Herz vor den Nöten und Bedürfnissen der Kinder Gottes verschließen? In seinem ersten Brief weist Johannes daher auch darauf hin, wie sich diese Liebe praktisch äußert (1Joh 3:17). Christus tut das, indem Er auf den Gehorsam Ihm gegenüber hinweist. Liebe zu Christus und Gehorsam Ihm gegenüber gehören immer zusammen.

Er nennt uns zwar Freunde, aber das bedeutet nicht, dass wir Ihn als Kumpel behandeln. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir seine Schüler sind und dass Er unser Herr ist. Immer wird uns das Verhältnis zwischen Vorrecht und Verantwortung vorgestellt.

Der Herr spricht seine Jünger hier als bevorrechtigte Menschen an, die Er in seine Pläne einweihen will. Ein Herr legt seine Pläne nicht einem Knecht dar, sondern einem Freund. Ein Knecht muss einfach gehorchen, ohne eine Erklärung zu erwarten. Sein Herr ist ihm keinerlei Rechenschaft über einen Auftrag schuldig. Der Herr Jesus betont, dass Er uns Freunde nennt, indem Er uns den Grund dazu mitteilt. Wir sehen, dass Er in seiner Freundschaft viel weiter geht, als uns nur zum Gehorsam aufzufordern. Freund heißt Liebender. Er spricht seine Jünger in ihrer Liebe zum Vater an, einer Liebe, die auch Er hat.

Das Kennzeichen echter Freundschaft ist, dass man sich gegenseitig alles erzählen kann. Ein guter Freund hat kein Geheimnis. Christus führt uns deshalb in die Gedanken seines Herzens ein. Mit einem Freund teilt man die intimsten Gedanken, so wie Gott vor Abraham nicht verbarg, was Er tun wollte, und Abraham wurde Freund Gottes genannt (2Chr 20:7; Jes 41:8; Jak 2:23). Das tut Christus hier im Blick auf seine Jünger, und sogar auf einem höheren Niveau.

Er hat seinen Jüngern als seinen Freunden alles kundgetan, was Er von seinem Vater gehört hat. Was der Vater Ihm anvertraut hat, hat Er ihnen als seinen Freunden weitergegeben. Das ist doch wohl ein besonderer Beweis der Freundschaft. Und dann zu bedenken, dass nicht sie Ihn als Freund auserwählt hatten, sondern Er sie. Es ist ein großes Vorrecht, dass wir auserwählt sind. Und es ist zugleich eine große Verantwortung, dass wir dazu gesetzt sind, Frucht zu bringen.

Um dieses Vorrecht genießen und der Verantwortung entsprechen zu können, wird das Herz weg von dem Vorrecht und dem Segen auf Ihn als den Segnenden gerichtet. Wir dürfen Ihn um alles bitten, was zu bleibender Frucht führt. Es kommt alles von Ihm. In dem Namen des Herrn Jesus zu bitten, bedeutet hier, dass ein Herz bittet, das mit dem Sohn einsgemacht ist und das entsprechend der Ratschlüsse des Vaters bittet, wodurch die Erhörung sicher ist. Je tiefer und höher der Segen, desto größer ist die Notwendigkeit, zu bitten.

Der Herr schließt diesen Abschnitt, der in Joh 15:12 mit dem Gebot, einander zu lieben, begonnen hat, damit ab, dass Er in Joh 15:17 erneut dieses Gebot der gegenseitigen Liebe betont. Liebe zueinander ist das neue und stets wiederholte Gebot Christi für die Seinen (Joh 13:34). Zu lieben ist die Offenbarung der göttlichen Natur, so wie sie durch den Dienst des Heiligen Geistes in Christus vollkommen zu sehen ist. Das ist die Atmosphäre, in der die Frucht zur Ehre des Vaters wachsen und gedeihen kann.

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