Leviticus 25:13-31

Das Jubeljahr

Das Sabbatjahr war außer einem Jahr der Ruhe auch in bestimmten Fällen ein Jahr der Wiederherstellung und Freiheit. So wird der hebräische Knecht im siebten Jahr freigelassen (2Mo 21:2) und Schulden werden erlassen (5Mo 15:1-18). Aber das Jubeljahr ging viel weiter. Da fand eine Wiederherstellung des Erbes statt. Alles kehrte in seine ursprüngliche Lage zurück, so wie Gott es beabsichtigt hatte. Personen werden frei, kehren in ihr Besitztum zurück, das Eigentum kam wieder in die Hände des ursprünglichen Eigentümers.

Das Wort „Jubel“ in „Jubeljahr“ bedeutet „Blasen des Widderhornes“. Das Wort „Jubeljahr“ kommt außer hier im dritten Buch Mose nur noch in 4. Mose vor (4Mo 36:4). Der Gedanke des Freilassens (3Mo 25:10) kommt noch in Jesaja 61 vor, wo wir lesen: „Freilassung auszurufen den Gefangenen und Öffnung des Kerkers den Gebundenen“ (Jes 61:1). In den folgenden Versen wird gesprochen vom „Jahr des Wohlgefallens des HERRN“ (Jes 61:2; Jer 34:8; 15; 17; Hes 46:17).

Im Durchschnitt betrachtet konnte jeder Israelit einmal in seinem Leben Zeuge davon werden, wie alles in seinen ursprünglichen Zustand zurückgebracht wird. Dadurch werden sie einerseits an das Paradies erinnert, wo der Mensch auch nicht arbeiten musste, sondern frei genießen durfte von all dem, was Gott wachsen ließ. Andererseits erhielt er einen Vorgeschmack von dem zukünftigen Segen, den Gott Israel und der ganzen Erde geben wird unter der Regierung des Herrn Jesus im Tausendjährigen Friedensreich. Dann wird auch jeder von dem genießen, was die Schöpfung Herrliches hervorbringt.

In seiner Rede zu den Israeliten, in der Säulenhalle Salomos, spricht Petrus davon. Er ruft das Volk auf, zu bereuen und sich zu bekehren, „damit Zeiten [der] Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn und er den euch zuvor bestimmten Christus Jesus sende, den freilich [der] Himmel aufnehmen muss bis zu [den] Zeiten der Wiederherstellung aller [Dinge], von denen Gott durch [den] Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“ (Apg 3:20; 21).

Das Jubeljahr (ein fünfzigstes Jahr) folgte auf ein Sabbatjahr (einem neunundvierzigsten Jahr). Das fünfzigste Jahr weist damit auch auf einen Neubeginn hin. Es ist damit so wie mit dem achten Tag, der auch auf eine Periode von sieben Tagen folgt. Dieser Neubeginn steht auch in Verbindung mit dem Himmel und den ewigen Dingen. Das Friedensreich kennt nicht nur eine irdische Seite, sondern auch eine himmlische (Mt 13:43a). Abraham schaute bereits danach aus (Heb 11:10; vgl. Dan 7:27). Die himmlische Ruhe und Herrlichkeit sollen auf die Erde abstrahlen.

Alles, was von Israel handelt, alle Prophetie, erfüllt sich einmal in dem Jubeljahr. Dort finden wir die endgültige Erfüllung der Pläne, die sich Gott vorgesetzt hat. Dann bricht das „Jahr des Wohlgefallens des HERRN“ (Jes 61:2) an. Für alle, die den Herrn Jesus angenommen haben, ist das „Jahr des Wohlgefallens“ schon gekommen (Lk 4:19; 21). Beim Predigen des Evangeliums darf das schon mitgeteilt werden (2Kor 6:1; 2).

Der Posaunenschall wird in dem fünfzigsten Jahr, ebenso wie in den vorausgegangenen Jahren, am ersten Tag des siebten Monats ertönen (3Mo 23:24). Aber im fünfzigsten Jahr wird er im siebten Monat nochmals ertönen. Auch am zehnten Tag, das ist der Versöhnungstag (3Mo 23:27), wird es Posaunenschall geben. Das ganze Land soll es hören (3Mo 25:9). Das soll bedeuten, dass alle Stämme wieder in das Land zurückgekehrt sein werden und jeder Stamm wieder in seinem Erbteil wohnen wird, das Gott ihm zubereitet hat. Der Posaunenschall am ersten Tag des siebten Monats wird diese Wiederherstellung ankündigen. Diese Wiederherstellung wird auf dem Versöhnungswerk des Herr Jesus als dem „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“ basieren (Joh 1:29).

Bevor die Posaune als Zeichen des Anbruchs des Jubeljahres ertönt, wird eine andere Posaune ertönen, die letzte Posaune, die Posaune Gottes. Wenn diese Posaune ertönt, wird die Gemeinde von der Erde aufgenommen und dem Herrn Jesus entgegengerückt werden in die Luft (1Kor 15:52b; 1Thes 4:15-18).

Das Jubeljahr als Ausgangspunkt

Bei dem Verkauf eines Landstückes wird in Wirklichkeit nicht das Land, sondern eine bestimmte Anzahl Ernten verkauft. Die Berechnung erfolgte ausgehend von dem nächsten Jubeljahr. Diese Art des Ausgleichs der Schulden verhinderte Kapitalismus (immer mehr besitzen) und Kommunismus (kein Besitz, alles für alle).

Aufgrund dieser Handlungsweisen konnte der Israelit zwei Arten von Land besitzen. Er besaß sein eigenes Erbteil und konnte noch Land haben, das er gekauft hatte. Letzteres war nur zeitlich sein Eigentum. Der Christ hat auch mit zwei Arten von „Land“ zu tun. Er besitzt ein eigenes Erbteil im Himmel. Das ist sein unverkäufliches Eigentum. Darüber hinaus besitzt er auch irdische Dinge. Die gehören ihm nicht selbst. Darüber ist er nur Verwalter. Die irdischen Dinge wird er zurücklassen müssen, sie bleiben nicht sein Besitztum. Er wird sich auch dafür verantworten müssen, auf welche Weise er damit umgegangen ist.

In Lukas 16 spricht der Herr Jesus über „das Fremde und das Eure“ (Lk 16:12). „Das Fremde“ sind unsere irdische Besitztümer, das „Eure“ sind unsere himmlischen Segnungen. Die Treue bei der Erfüllung unserer irdischen Aufträge und der verantwortungsvolle Umgang mit den irdischen Mitteln, die uns dabei zur Verfügung stehen, ist die Bedingung für unsere eigenen himmlischen Besitztümer.

Eine wichtige Anordnung für den Umgang mit den irdischen Dingen im Licht des vor uns liegenden „Jubeljahres“ lesen wir noch in 1. Korinther 7 (1Kor 7:29-31). Der Wert dessen, was wir „gekauft“ haben, soll bemessen werden nach der Zeit, die uns noch von dem „Jubeljahr“ trennt. Wir stehen kurz vor dem „Jubeljahr“. Je näher das Kommen des Herrn Jesus für uns ist, je mehr wir nach Ihm verlangen, desto geringer ist für uns der Wert der irdischen Dinge. Der Umgang mit den irdischen Dingen im Licht des nahe kommenden Jubeljahres wird uns davor bewahren, die Dinge zu suchen, „die auf der Erde sind“ (Kol 3:2).

Neben dem Gedanken, dass wir kurz vor dem „Jubeljahr“ stehen, ist auch die Furcht Gottes wichtig, wenn es um unsere Sicht der irdischen Dinge geht. Die irdischen Dinge gehören Ihm. Wenn wir sie für uns selbst gebrauchen, eignen wir uns an, was Ihm gehört. Er kann das nicht ungestraft geschehen lassen. Tatsächliche Gottesfurcht entsteht übrigens nicht so sehr aus der Angst vor Strafe, wenn wir etwas tun, was Er nicht gutheißt, sondern entsteht aus Ehrfurcht gegenüber Ihm, sodass wir das tun, was Ihm gefällt.

Segen beim Halten des Sabbatjahres

Der Genuss des Segens hängt ab von Glaubensgehorsam. Es erscheint ein Wagnis zu sein, ein Jahr nicht zu säen. Der Verstand sagt: Wie sollen wir Nahrung bekommen? Der Glaube vertraut auf Gottes Zusagen. Wer auf Ihn vertraut, wird nicht zu Schaden kommen. Ja mehr noch: Er erfährt seinen besonderen Segen. Wir lernen hierdurch: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch [den] Mund Gottes ausgeht“ (Mt 4:4). Es ist ein großes Gut, mit dem treuen Herrn Erfahrungen zu machen. Er wird dadurch verherrlicht, und die Seele wird mit Freude erfüllt. Diese Freude ist nicht in Geld auszudrücken.

Wenn sie Gehorsam bewiesen, konnten sie damit rechnen, sicher im Land zu wohnen, das bedeutet, dass äußerliche Sicherheit besteht, und auch innerlich für die Seele Ruhe und Vertrauen da sind, ohne Furcht vor Feinden. Um ihre Nahrung würden sie auch nicht fürchten müssen. Man wird bis zur Sättigung essen können. Durch den Segen Gottes kann mit wenigem viel geschehen. Durch Gehorsam verlieren wir nichts, aber gewinnen alles.

Lösung des Landes

Der Ausgangspunkt für die Regelung des Lösens ist, dass das Land dem HERRN gehört. Ihm gehören die Erde und alles, was darauf ist (Ps 24:1). Aber Er hat dem Land Kanaan einen bestimmten Platz zugewiesen. Er hat in dem Land jedem Stamm und jeder Familie ihr Erbteil gegeben, und Er will, dass es so erfüllt wird. Durch die Untreue des Menschen konnte 49 Jahre ein Zustand der Verwirrung und des Elends herrschen. Aber das sollte nicht so bleiben. Es sollte ein fünfzigstes Jahr kommen, in dem alles wiederhergestellt werden sollte, sodass Gottes ursprünglicher Plan wieder sichtbar wurde.

Der Christ ist sich bewusst, dass die Lösung seines Erbteils noch kommen wird. Das Unterpfand dafür besitzt er bereits, nämlich „den Heiligen Geist der Verheißung, der [das] Unterpfand unseres Erbes ist, zur Erlösung des erworbenen Besitzes“ (Eph 1:13b; 14). Jeder, der sich durch den Geist leiten lässt, wird sich nicht verleiten lassen, etwas von seinem Erbe preiszugeben, indem er sein Glück auf der Erde sucht, um es jetzt und hier zu erleben.

Nun konnte es aber geschehen, dass jemand notgedrungen, weil er verarmt war, sein Land verkaufen musste. Aber gleichzeitig bestimmt der HERR, dass immer das Recht auf Lösung bestehen würde. Man musste nicht bis zum Jubeljahr warten. Jemand konnte auch in der Zwischenzeit seine Schuld einlösen und kam so wieder in den Besitz seines Erbes. Aber die Verrechnung sollte unter Berücksichtigung der Zeit bis zum Jubeljahr erfolgen.

Blieb jemand außerstande zu lösen, so bekam er in jedem Fall im Jubeljahr sein Land zurück, als einen besonderen Beweis der Gnade Gottes. Bei Nabot bestand keine Notwendigkeit, auf sein Erbe zu verzichten. Er schätzte sein Erbe und weigerte sich, es an Ahab zu verkaufen oder gegen den Weinberg Ahabs einzutauschen (1Kön 21:1-3). Ahab erlangt ihn nur durch die List Isabels (1Kön 21:7-10).

Die Fälle der Verarmung werden in diesem Kapitel immer bitterer. In 3Mo 25:25 ist die Rede davon, dass einer durch Verarmung „etwas von seinem Eigentum verkaufen muss“. In 3Mo 25:35 ist der Bruder so sehr verarmt, dass „seine Hand wankend wird“ und am Leben erhalten werden muss. Die Not ist groß. In 3Mo 25:39 ist der Bruder so verarmt, dass er sich selbst verkaufen muss. In 3Mo 25:47 finden wir die schlimmste Lage. Da verkauft sich ein verarmter Bruder an einen Fremdling.

Es kann jemand verarmen durch Krankheit oder falsches Handeln. In geistlicher Hinsicht ist Armut oft in ungesundem, krank machendem Tun begründet (Sünden) oder in einem Aufgehen in irdischen Beschäftigungen, einem falschen Verhältnis der Zeit, die in geistliche und irdische Dinge investiert wird.

Das Lösen des Landes konnte auf verschiedene Weise geschehen. Wer sein Land verkaufen musste, konnte einen „nahen Blutsverwandten“ haben, der als Löser auftreten konnte (3Mo 25:25). Das lässt uns an den Herrn Jesus denken als den wahren „Blutsverwandten“. Er ist Blutes und Fleisches teilhaftig geworden (Heb 2:14a). Er hat durch sein Blut am Kreuz das Erbteil von der Schuld erlöst, die darauf ruhte. Das gilt sowohl für das Land Israel als auch für die ganze Schöpfung.

Ein Vorbild dieses Lösens sehen wir in der Geschichte von Boas und Ruth. Der Herr Jesus ist der wahre Boas. Boas war imstande, der verarmten Noomi und Ruth zu helfen, das Erbteil, welches Noomi verloren hatte, wieder an sie zurückzubringen (Rt 4:1-11). So wird einmal der Herr Jesus, als der wahre Boas (Boas bedeutet „in Ihm ist Stärke“), alles in den Besitz Gottes zurückbringen, dem ursprünglichen Eigentümer.

Verlust von Häusern

Das Lösen von Häusern geht auf eine andere Weise als die Lösung von Land. Ein Haus ist kein Erbteil. Der Eigentümer bekam es nicht im Jubeljahr zurück. Er hatte ein Jahr Zeit, um es zurückzukaufen. Tat er das nicht, war sein Vorbesitz verloren. Das betraf ein Haus in einer Stadt mit Stadtmauer. Eine Mauer spricht von Absonderung. Wenn die Absonderung nicht verhindert, dass uns Dinge verloren gehen, verlieren wir diese Dinge. Wir haben dann nicht die rechte Absonderung zu Gott hin beachtet. Das Eindringen der Welt, der Verfall, ist nicht umkehrbar. Doch es gibt nach dem Verlust noch ein Jahr Zeit, um es zurückzubringen (Lk 13:8; 9). Das ist Gottes Gnade.

Mit den Häusern in den Dörfern war es anders. Die wurden wohl frei bei der Lösung im Jubeljahr. So wie die Dörfer daliegen, so wird auch Jerusalem im Friedensreich sein, ohne Mauer. Dann gibt es keine Feinde mehr, die es nötig machen, eine Mauer zu haben.

Für die Leviten hatte Gott eine Ausnahme verfügt. Sie besaßen kein Erbteil, nur ihre Städte und Häuser. Sie bekamen ihr Haus im Jubeljahr wieder zurück.

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