‏ Mark 10:17

Ewiges Leben erben

Als der Herr das Haus wieder verlässt, kommt jemand schnell auf ihn zu. Er hat ist auf den Weg hinausgegangen und ist daher für den erreichbar, der Ihn braucht. Der reiche junge Mann (das ist er, wie wir aus den anderen Evangelien wissen) scheint darauf gewartet zu haben, dass Er nach draußen kam. Er fällt vor Ihm auf die Knie und erweist Ihm dadurch Ehre.

Dennoch zeigt sich an seinen Worten, dass er nicht weiß, vor wem er kniet. Er sieht in dem Herrn lediglich einen „guten Lehrer“, der ihm sagen kann, wie man ewiges Leben erbt. Er sieht in Ihm einen vollkommenen Menschen, aber auch nicht mehr als das. Er glaubt, dass er von Christus lernen kann, ebenfalls vollkommen zu werden. Deshalb stellt er seine Frage.

Seine Frage drückt aus, dass er meint, er könne Gutes tun, aber er wisse nicht, was das Gute ist und wie er es tun soll. Er vertraut dabei auf seine eigene menschliche Kraft. Er hat in dem Leben des Herrn Jesus gesehen, wie Er Gutes tut. Deshalb wendet Er sich aufrichtig an Ihn, um von Ihm den Weg kennenzulernen, der zum ewigen Leben führt.

Es hat ein ehrliches Verlangen, eine neue Lektion zu lernen Tun guter Werke weiterzukommen. Wir sehen einen natürlichen Menschen, der sein Bestes gibt, um Gutes zu tun, und die Absicht hat, noch Besseres zu leisten. Er befindet sich jedoch grundlegend auf einem falschen Gleis, denn seine Frage geht davon aus, dass der Mensch so, wie er ist, gut ist und Gutes tun kann.

Aus der Antwort des Herrn geht hervor, dass Er nicht von dem Verhalten und der Ehrerweisung des jungen Mannes beeindruckt ist. Er fragt ihn, warum er Ihn gut nennt. Das konnte der junge Mann nur sagen, wenn er in Ihm auch Gott sah, denn nur Gott ist gut. Der Herr sagt sozusagen: ,Wenn ich nicht Gott bin, bin ich nicht gut.‘ Der junge Mann wendet sich an Ihn denn auch nicht als an Gott. Er sieht in Ihm nur einen besonders guten Menschen. Damit wird man seiner Person überhaupt nicht gerecht, und man kann von Ihm auch nicht erfahren, wie man ewiges Leben verdienen kann.

Wenn der junge Mann jedoch dadurch, dass er Gutes tut, das ewige Leben erben will, so hat der Herr dafür doch eine Norm. Diese Norm ist der alte Weg, der des Gesetzes. Darin steht, wie ein Mensch das Leben verdienen kann. Das Gesetz sagt ja, dass der Mensch, der Gottes Gebote tut, leben wird (3Mo 18:5). Der Herr nennt beispielhaft einige Gebote, und zwar bewusst nur die Gebote, die die Beziehung zwischen Menschen untereinander regeln, nicht die Gebote, die die Beziehung zu Gott regeln.

Der Mann kann von den Geboten, die Er nennt, sagen, dass er sie genau eingehalten hat. Seine Erklärung lässt keinen Hochmut oder Stolz erkennen. Er hat sich aufrichtig an diese Gebote gehalten. So war auch Saulus, wie dieser junge Mann, dem Gesetz nach untadelig (Phil 3:6). Nachdem Saulus aber gesehen hat, wer Christus ist, gibt er dafür alles auf. Nachdem er einmal Christus in der Herrlichkeit gesehen hat, will er gar keine eigene Gerechtigkeit mehr, denn das würde eine menschliche, fleischliche Gerechtigkeit sein. Er besaß die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben. Dann hat die Gerechtigkeit, für die er sich so eingesetzt hatte, keinerlei Wert mehr.

Der junge Mann ist kein Heuchler. Der Herr sieht ihn an und sieht seine Aufrichtigkeit. Dann lesen wir – meines Erachtens das einzige Mal – von der Liebe des Herrn zu einem nicht wiedergeborenen Menschen. Es ist eine Liebe wegen der natürlichen Attraktivität, die auch ein natürlicher Mensch haben kann. Der junge Mann hatte wirklich die Gebote gehalten, nicht wie ein Pharisäer, um damit andere zu beeindrucken, sondern in der Überzeugung, dass dies der Weg zum Leben war.

Dennoch hatte er darin noch nicht die Erfüllung gefunden, die er für sein Herz suchte. Das liegt daran, dass er auf eine verkehrte Weise nach dem ewigen Leben suchte. Er meinte, dass der Herr ihn auf ein Werk des Gesetzes hinweisen würde, das ihm das ersehnte ewige Leben als Verdienst bringen würde. Mit all seinem Streben und dem, was er schon erworben hat, ist der junge Mann doch auf dem Weg zur Hölle. Es gibt einen Weg, der gerade erscheint, aber zum Tod führt (Spr 14:12). Diesen Weg geht der junge Mann.

Der Herr weist ihn auf den guten Weg hin, und das ist ein Werk des Glaubens. Wenn er wirklich wie der Herr Jesus sein will, dann muss er tun, was Er getan hat. Er stellt jetzt das Herz des jungen Mannes auf die Probe, nicht nur sein äußerliches Betragen, das untadelig ist. Indem Er ihn auf das hinweist, was ihm fehlt, legt Er die Bindung des jungen Mannes an seinen irdischen Besitz bloß. Wenn er den aufgeben und den Armen geben würde, würde er von Ihm einen Schatz im Himmel bekommen. Bis zu dem Augenblick, wo er den Schatz bekommen würde, lädt der Herr ihn ein, Ihm zu folgen.

Das, worum Er den jungen Mann bat, hat Er selbst in viel größerem Maß getan. Er war reich und ist um unsertwillen arm geworden, damit wir durch seine Armut reich würden (2Kor 8:9). Hier wird deutlich, dass es dem jungen Mann an Glauben fehlt. Er kann die sichtbare Erde nicht für den unsichtbaren Himmel aufgeben. Durch das einfache und zugleich kraftvolle Wort des Herrn wird die Begierde seines Herzens bloßgelegt. Er entscheidet sich für sein Geld und gegen den in Liebe und Gnade offenbarten Gott.

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