Mark 7:3-8

Die Überlieferung der Ältesten

In diesem Kapitel sehen wir, wie der Herr gegen die religiösen Führer auftritt und sein Urteil über sie fällt. Sie wagen es in ihrem Selbstvertrauen und Stolz, den Jüngern und damit auch Ihm einen Makel anzuheften. Das Werk der Gnade weckt den Widerstand des religiösen Menschen, weil dieser von seiner eigenen Wichtigkeit eingenommen ist. Die Jünger erhalten Unterricht, wie sie Personen zu sehen haben, die nur in äußerer Hinsicht religiös sind. Der Herr will ihnen den wahren Charakter dieser Menschen zeigen.

Wenn Menschen sich zu Ihm versammeln, hat das immer einen Grund und eine Folge. Sie kommen zu Ihm, weil sie Ihn in ihrer Not brauchen, oder sie kommen zu Ihm, um Ihn anklagen zu können. Die Folge ist immer, dass Er seine Herrlichkeit offenbart, sei es in Gnade oder sei es im Gericht.

Die Pharisäer und Schriftgelehrten, die hier zu Ihm kommen, besitzen, was die Erde betrifft, die höchste Autorität. Sie kommen aus der heiligen Stadt Jerusalem, der Stadt des alten Gottesdienstes. Sowohl ihre Position als religiöse Führer als auch der Ort, woher sie kommen, das religiöse Zentrum Jerusalem, verschaffen Ihnen Ansehen. Sie sind sozusagen mit dem Gesetz Gottes geschmückt und mit der Autorität, die ihnen das verleiht.

Diese Menschen nehmen wahr, dass einige der Jünger des Herrn auf eine Weise Brot essen, die nicht der durch sie vorgeschriebenen Art und Weise entspricht. Das hat nichts mit innerem geistlichen Leben oder mit der Beziehung des Menschen zu Gott zu tun. Sie beurteilen andere nur nach der äußeren Form, einer Form, die sie selbst festgelegt haben. In den Formen, die Menschen festlegen, gibt es keinen Raum für Gnade. Dazu kommt – und vielleicht ist das vor allem die Belehrung –, dass durch das Halten der Überlieferungen die wirkliche Verunreinigung des Herzens verschleiert wird und verborgen bleibt.

Gott hat alle öffentlichen und persönlichen Verpflichtungen im Familienkreis, in der Gesellschaft, im Gottesdienst und in der Politik geregelt, doch sie haben noch viel mehr Gebote dazu erlassen. Dadurch werden die Gebote Gottes nicht mehr erfüllt, denn sie stellen das Volk unter die Autorität der Überlieferungen der Ältesten, das sind ihre eigenen Traditionen.

Traditionen führen dazu, dass der Mensch wichtig gemacht wird. Wenn Traditionen zu Gewohnheiten werden, ohne dass sie anhand der Schrift geprüft werden, können Traditionen sich gegen die Schrift wenden. Sobald wir etwas nur tun, weil unsere Väter das auch immer so gemacht haben, droht die Gefahr, dass die Schrift durch die Traditionen ersetzt wird. Wir müssen wissen, was wir tun und warum wir es tun. Die Grundlage dafür muss die Heilige Schrift sein, nicht die Traditionen. Der Herr Jesus tritt scharf dagegen auf, dass die Schrift durch die Tradition ersetzt wird.

Das öffentliche Leben spielt sich auf dem Markt ab. Die Pharisäer und die Juden nahmen zwar daran teil, meinten jedoch, dass sie dadurch verunreinigt würden. Von dieser Verunreinigung mussten sie sich erst reinigen, indem sie sich gründlich die Hände wuschen. Sie meinten, dass sie sich durch eine derartige äußere Reinigung von ihren sündigen Handelspraktiken auf den Märkten reinigten.

Möglicherweise hatten auf den Liegepolstern, die sie auf dem Markt gekauft hatten, die Kranken gelegen, die dorthin gebracht wurden (Mk 6:56)! Daher mussten die Liegepolster erst gereinigt werden, bevor sie sich selbst darauflegen konnten. Sie reinigten auch Becher und Krüge, denn die waren ja vielleicht von Fremden berührt worden. Um die Reinigung dieser Dinge sorgten sie sich, nicht jedoch um die Reinigung ihrer Herzen.

Das Handeln der Jünger war nach ihrer Auffassung falsch, weil es im Widerspruch zu ihren Überlieferungen stand. Sicherlich werden sie ihre Überlieferungen dem Wort Gottes entlehnt haben. Darin ist die Rede von Waschungen, z. B. der Opfer und beim Ausüben des Priesterdienstes. Ist es dann nicht eine berechtigte Schlussfolgerung, dieses Gebot dem ganzen Volk aufzuerlegen, und zwar für das tägliche Leben? Doch das ist eine Hinzufügung zu dem, was Gott gesagt hat! Es ist dem Menschen eigen, wenn Gott etwas nicht ausdrücklich gesagt hat, aus einer nicht festgelegten Möglichkeit gleich ein Gesetz zu machen und es anderen aufzuerlegen. Tradition stammt vom Menschen, nicht von Gott.

Das Gebot Gottes aufgegeben

In seiner Antwort geht der Herr nicht den Ursprung der Überlieferungen ein; ebenso wenig zeigt Er ihre Nutzlosigkeit auf. Er weist direkt auf den moralischen Einfluss der Überlieferungen auf den Gehorsam Gott gegenüber hin. Dazu zitiert Er das Wort Gottes durch Jesaja. Wegen der Unaufrichtigkeit ihres Strebens nennt Er sie Heuchler. Es geht den Pharisäern und den Schriftgelehrten um die Ehre von Menschen und um ein Gefühl der Selbstzufriedenheit. Äußerlich streben sie nach Perfektion, doch ihre Herzen sind dabei weit von Gott entfernt und kalt.

Gott sucht Wahrheit im Innern (Ps 51:8) und möchte in Geist und Wahrheit angebetet werden (Joh 4:24). Heuchler tun Dinge nur wegen des Äußeren, ohne dass das Herz dabei beteiligt ist. Wir sind Heuchler, wenn wir uns fromm verhalten, während unser Herz nicht auf den Herrn, sondern auf Menschen und auf uns selbst ausgerichtet ist. Das Gericht Gottes wird Menschen mit dieser Haltung und Gesinnung treffen.

Wenn Lehren von Menschen die Grundlage für die Verehrung Gottes werden, bleibt diese Verehrung hohl und ohne Ergebnis. Sie ist völlig nutzlos für Ihn, wie sehr der Mensch sie auch genießen mag und damit zufrieden ist. Wer das aufgibt, was von Gott kommt, fällt in die Hände von Menschen. Menschen, die die Überlieferungen halten statt den Geboten Gottes zu gehorchen, erleben eine dramatische Veränderung in den mitmenschlichen Beziehungen. Tradition bewirkt nicht nur Ungehorsam dem gegenüber, was Gott gesagt hat, und ein Beiseitesetzen seines Wortes, sondern hebt das Wort Gottes auch auf. Überlieferungen offenbaren sich als Feinde der Gebote Gottes.

Der Herr Jesus illustriert seine Worte mit dem Gebot, das Gott seinem Volk durch Mose gegeben hat im Blick auf den Respekt, den Er für Vater und Mutter fordert. Er stellt ihnen dieses Gebot in positivem Sinn (ehren) und in negativem Sinn (fluchen) vor. Es ist ein klares, nicht doppeldeutiges Gebot.

Die Führer hatten sich etwas ausgedacht, wodurch sie das Gebot Gottes, die Eltern zu ehren, umgehen konnten. Wenn die Eltern arm waren, hatten die Kinder die Pflicht, für sie zu sorgen. Dadurch ging in den Augen dieser verdorbenen Leute jedoch Geld verloren, dass sie sich aneignen konnten. In ihrer Verdorbenheit hatten sie sich ein Programm ausgedacht, um den Besitz für gottesdienstliche Ziele zu sichern, wobei gleichzeitig das Gewissen der Menschen Gott gegenüber beruhigt wurde. Der Israelit, der mit seinem Geld eigentlich seine bedürftigen Eltern unterstützen sollte, brauchte über diesem Geld einfach das Wort „Korban“ auszusprechen.

Das Wort „Korban“ bewirkte, dass sie ihr Geld und Gut dem HERRN gegeben hatten. Der HERR ist nun einmal höher als Vater und Mutter. So verfiel ihr Geld und Gut den religiösen Führern; die Eltern blieben ohne die Hilfe ihrer Kinder. Sehr fromm wurde das Geld Gott geweiht und den Eltern vorenthalten. Was für eine heuchlerische Manipulation steckt hinter ihrer Erfindung, das Wort „Korban“ über Geld oder Gut auszusprechen, mit dem Menschen ihren Eltern hätten helfen müssen.

Hier sehen wir die Tradition im Gegensatz zur Schrift. Der Herr behandelt die Tradition, „Korban“ zu sagen, hier nicht nur als etwas Verkehrtes den Eltern gegenüber, sondern als eine rebellische Tat gegen ein ausdrückliches Gebot Gottes, wodurch es seiner Kraft beraubt wird. Und das ist nur ein Beispiel. Der Herr hätte noch viele hinzufügen können. Er tut das nicht, denn wenn dieses Beispiel nicht überzeugt, wird keines der anderen nachweisbaren Fälle dies tun, und auch alle Fälle zusammen werden sie nicht überzeugen. Ihr Herz ist dafür zu verhärtet.

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