Philippians 2:5-8

Das Fehlende in Ordnung bringen

Die Kapitel 2 und 3 bilden das Herzstück dieses Briefes. Sie gehören zusammen. In Kapitel 2 stellt Paulus uns das Leben des Herrn auf der Erde vor, wie Er damals hier war. In Kapitel 3 zeigt er uns den Herrn Jesus im Himmel, wie Er jetzt dort ist.

In Kapitel 2 werden die Philipper (und wir) auf die Gesinnung des Herrn Jesus aufmerksam gemacht. Wir bekommen in diesem Kapitel auch Beispiele von Menschen, die die Gesinnung des Herrn Jesus hatten. Diese Beispiele sind Paulus, Timotheus und Epaphroditus. Warum wird die Gesinnung des Herrn Jesus an dieser Stelle so betont? Weil einige Dinge bei den Philippern noch nicht ganz in Ordnung waren. Darauf wollte Paulus sie hinweisen. Das ist echte Liebe. Sie ist nicht blind für die Unvollkommenheiten des anderen. Echte Liebe macht immer weiter, sie ist dankbar für alle empfangene Hilfe und Freundschaft, aber auch bereit, auf das hinzuweisen, was besser sein könnte. Echte Liebe weiß auch, in welcher Weise auf diese Unvollkommenheiten hingewiesen werden muss. Wenn es in der falschen Art und Weise geschieht, wird der andere entmutigt. Die Ermahnung kommt dann nicht an. Paulus knüpft an das an, was bei ihnen in Ordnung war. Das ist ein wichtiger Ausgangspunkt, wenn du einmal jemanden ermahnen oder anspornen willst.

Phil 2:1. In den Phil 2:2-4 stehen einige Dinge, in denen sich die Philipper offensichtlich etwas verbessern konnten. Doch damit fing Paulus nicht an. Paulus geht auf eine besondere Weise vor. Dabei muss man wissen, dass das Wörtchen „wenn“, womit Phil 2:1 beginnt, hier nicht eine Möglichkeit bezeichnet, sondern eine Sicherheit. Man kann es als „weil“ verstehen. Paulus hatte das Mitempfinden der Philipper erfahren. Er hatte „Ermunterung“, „Trost“ und „Gemeinschaft“ erfahren. Er hatte bei ihnen „innerliche Gefühle und Erbarmungen“ ihm gegenüber gespürt. Das war in der Gabe zum Ausdruck gekommen, die sie geschickt hatten. Was für eine Freude hatte ihm das bereitet! Er schätzte das sehr. Das lag auch daran, dass die Philipper in der Art, wie sie ihre Verbundenheit äußerten, viel von Gott und Christus zeigten. Paulus hatte nicht nur „Ermunterung“ empfangen, es war „Ermunterung in Christus“. Durch das, was die Philipper taten, war Christus zu ihm gekommen und ihm wertvoller geworden. Er hatte auch nicht einfach nur „Trost“ empfangen, er hatte den „Trost der Liebe“ Gottes empfunden. Und die Gemeinschaft, die er genossen hatte, war nicht die menschlicher Sympathie, es war die „Gemeinschaft des Geistes“. Der dreieine Gott wurde für Paulus durch das, was die Philipper für ihn getan hatten, offenbar. Darin sah er ihre innerlichen Gefühle. Diese Gefühle sind die Gefühle des Herrn selbst, von denen Er erfüllt ist (Jak 5:11). Ist es auch dein Wunsch, für deine notleidenden Geschwister so da zu sein?

Phil 2:2. Vor dem Hintergrund all dessen, was sie für ihn getan hatten und für ihn bedeuteten, ermahnt er sie nun auf liebevolle Weise. All das Gute, das sie für ihn im Herzen hatten, hat ihn froh gemacht. Sie können ihn jedoch noch glücklicher und froher machen. Es fehlt noch etwas. Sicher, er erfreut sich an ihrer Liebe zu ihm. Was er noch wünscht, ist, dass sie diese Liebe auch untereinander haben möchten. Wenn sie die auch noch erwiesen, würde seine Freude vollkommen sein. Er sucht einen Weg, ihre Herzen willig zu machen, die Uneinigkeit, die während seiner Abwesenheit entstanden war, zu beseitigen. Beachte, dass er keinen Tadel über ihre Uneinigkeit ausspricht. Zu einer Beziehung, wie sie zwischen Paulus und den Philippern bestand, passt kein Tadel. Er beweist seine Liebe zu ihnen und seine Wertschätzung ihrer Liebe zu ihm. Er tut das, indem er sie auf eine Weise ermahnt, wodurch klar wird, wie sehr es ihm um ihren Vorteil geht. Du siehst, dass Ermahnungen immer nötig sind. Man trifft sie in jedem Brief an, auch in diesem, der an eine Gemeinde gerichtet ist, in der auf den ersten Blick alles gut zu sein scheint. Es mag große Wertschätzung geben, aber es könnte immer noch besser sein, es ist niemals vollkommen. Ermahnungen müssen uns gegen einen Geist der Selbstgenügsamkeit wachrütteln. Die kann plötzlich aufkommen, wenn wir feststellen, dass bei uns bestimmte falsche Dinge nicht vorhanden sind, die woanders anzutreffen sind. Wir sind dann in Gefahr zu meinen, keine Ermahnung nötig zu haben.

Als Erstes fehlte, dass sie „gleich gesinnt“ waren. Das bedeutet, dass das Denken aller in dieselbe Richtung geht, dass es keine gegensätzlichen Interessen gibt. Alle sind gemeinsam davon erfüllt, was alle zusammen besitzen. Die Gesinnung, das Herz, das Interesse aller ist auf die Person Christi ausgerichtet. Das ähnelt dem, was du in 1. Korinther 1 liest: „dasselbe reden“ (1Kor 1:10). Da ist auch nicht gemeint, dass alle dieselben Worte sprechen, sondern dass alle über die eine Person sprechen: Christus, wobei jeder das auf seine Weise tut. Man könnte sagen, dass es in 1. Korinther 1 um das Bekenntnis mit dem Mund geht und hier in Philippi um das Herz. Hier geht es also tiefer, um den Ursprung. Jeder Gläubige, der zu einer Glaubensgemeinschaft gehört, muss danach streben, dass Christus verherrlicht wird. Sonst entsteht dort Uneinigkeit. Dann haben auch nicht mehr alle „dieselbe Liebe“. Wenn Christus nicht mehr der Gegenstand deines Herzens ist, wird deine Liebe sich anderen Dingen zuwenden. Die Kluft in der Glaubensgemeinschaft vergrößert sich. Du merkst das an der fehlenden Einstimmigkeit. Die Harmonie verschwindet. Jeder geht immer mehr seinen eigenen Weg und beschäftigt sich zunehmend mit seinen eigenen Dingen. Das „Eine“, das ist Christus, darauf sinnt man nicht mehr. Bei „gleich gesinnt“ sein geht es darum, dieselben Empfindungen und Gedanken zu haben. Bei „das Eine“ geht es um den Gegenstand, auf den die Gläubigen einmütig alle ihre Gedanken richten und mit dem sie alle ihre Empfindungen verbinden.

Phil 2:3. Wenn Christus nicht mehr das Zentrum im Leben der Gläubigen ist, entstehen leicht Parteiungen. Die eigenen Rechte und die eigene Ehre fangen dann an, eine Rolle zu spielen. Jeder wird dann für seine eigene Position sprechen und arbeiten und dabei die Anerkennung der anderen suchen. Solches Streben ist eitel, leer und inhaltslos. Der Ruhm, den man auf diese Weise sucht, vergeht. Das ist die Art von Ruhm, die die Kämpfer der Welt besitzen. Kurz bekannt, kurz gerühmt und kurze Zeit später unter dem Staub der Vergessenheit verschwunden. Der höchste Ruhm für den Gläubigen ist, wenn er vom Herrn gelobt wird. Um diesen Ruhm zu ernten, musst du lernen, demütig zu sein. Demut ist eine seltene Eigenschaft. Du siehst das bei politischen Debatten, doch auch bei Konflikten und sogar bei gewöhnlichen Kontakten. Stets versucht man, den andern herunterzumachen und sich selbst als Besten zu verkaufen. Diese Neigung steckt in uns allen. Wirkliche Demut findet man nur in der Gegenwart Gottes. Wir müssen es lernen, demütig zu sein. Das können wir vom Herrn Jesus lernen (Mt 11:29). Nur in seiner Gegenwart kommen wir dahin, andere höher zu achten als uns selbst. Wir sehen in dieser Gegenwart, wer wir selbst sind und was der andere für Ihn ist. Es geht um das praktische Christenleben, und das wird da am besten gesehen, wo am meisten von Christus sichtbar wird. Bei anderen sehen wir, was nach außen dringt, und von uns selbst wissen wir außerdem, was in unserem Herzen lebt. Wir sehen, wie andere Liebe erweisen und wieder andere Friedensstifter sind. Wir sehen, dass das bei uns fehlt. Sollten wir daher die anderen nicht achten? Es geht nicht um die Gabe, die ein anderer hat, sondern um die guten Dinge, die du bei ihm feststellst. Paulus geht davon aus, dass du das siehst.

Der andere ist derjenige, der anders ist als du. Er hat andere Dinge von Gott empfangen und ist zu anderen Dingen berufen als du. Du bist gehalten, den anderen dafür zu achten, und das mit mehr Achtung, als du für dich selbst hast, dabei sollst du zugleich deine eigenen Interessen zurückstellen.

Phil 2:4. Und Paulus geht noch einen Schritt weiter. Er sagt nicht nur, dass du den anderen achten sollst, sondern dass du auch seine Interessen siehst und achtest. Das heißt mit anderen Worten, dass von dir erwartet wird, dass du dich für das einsetzt, was der andere nötig hat, damit er noch besser als Christ leben kann, also dem Herrn Jesus noch ähnlicher wird. Den anderen so zu sehen und ihm entsprechend zu begegnen, gelingt dir nur dann, wenn du auf den Herrn Jesus siehst. Nur wenn du auf Ihn siehst, wie Er auf der Erde wandelte, kannst du den Vorteil des anderen sehen und suchen.

Phil 2:5. Darum will Paulus dir Christus vorstellen. Das tut er – natürlich inspiriert durch den Heiligen Geist – auf beeindruckende Weise. Dabei musst du immer bedenken, dass alle Herrlichkeiten des Herrn Jesus, die Paulus nennt, zugleich als Ermahnung gedacht sind. Der Herr will, dass wir dieselbe Gesinnung haben, wie Er sie besaß. Diese Gesinnung muss die Grundlage all deines Denkens und Handelns sein. Alles, was hier über den Herrn Jesus gesagt wird, kann dich zur Anbetung bringen. Das wird auch oft das Ergebnis sein, wenn Er dir so vorgestellt wird. Dennoch ist das nicht in erster Linie die Absicht. Die Absicht ist, dass du dich bei jedem Schritt, den du Ihn tun sieht, fragst, was seine Gesinnung war, als Er ihn tat; das sollst du dann mit deiner eigenen Gesinnung vergleichen. Die Gesinnung des Herrn Jesus wird niemals die deine werden, wenn du das Gesetz zum Maßstab nimmst. Nur das Vorbild des Herrn Jesus führt zu der gewünschten Wirkung. Gott stellt uns eine Person vor, die das ganze Wohlgefallen seines Herzens hat, damit Gott feststellen kann, was in unserem Leben von Ihm spricht.

Lies noch einmal Philipper 2,1–5.

Frage oder Aufgabe: Was würdest du gern bei anderen verbessern, und wie kannst du das erreichen?

Die Gesinnung des Herrn Jesus

Phil 2:6. Die Gesinnung des Herrn Jesus verdient in den folgenden Versen deine völlige Aufmerksamkeit. Wir sind nur dann in der Lage, das zu tun, was in den vorigen Versen gesagt wurde, wenn wir sie in uns aufnehmen und uns aneignen. Dann können wir alle Konflikte lösen und in Einheit weitergehen.

Die Gesinnung des Herrn Jesus kommt in seiner Erniedrigung zum Ausdruck. Jede Einzelheit seines Weges hinab war für Ihn eine Erniedrigung. Er konnte nicht höher beginnen und nicht tiefer enden. Und jeden Schritt seiner Erniedrigung tat Er vollkommen freiwillig. Dazu kommt auch noch, dass der Herr Jesus nicht jedes Mal einen Schritt hinab tat und in diesem Schritt zeigte, wie sehr Er sich selbst erniedrigte. Was Er getan hat, war beständig in seinem Leben auf der Erde vorhanden. Da siehst du die Bedeutung des Wortes „zu nichts machen“ (o. entäußern). Das heißt so viel wie, Abschied zu nehmen von einem guten Ruf. Er hat sich selbst dessen entäußert, was Er als Gott besaß. Nichts davon hat Er für sein eigenes Interesse gebraucht. Als Er auf die Erde kam, war nichts von seiner göttlichen Herrlichkeit zu sehen (Jes 53:2; 3). Sein Herz war von der wunderbaren Gesinnung erfüllt, die hier beschrieben wird. Sein ganzes Dasein auf der Erde war von dieser Wirklichkeit erfüllt. Jedes Wort und jede Handlung kamen daraus hervor. In einem Gläubigen wird diese Gesinnung möglicherweise mal gesehen, doch inwieweit sind wir davon erfüllt?

Die Beschreibung beginnt damit, dass Er „in Gestalt Gottes war“. Das macht deutlich, dass Er wahrhaftig Gott war. Das blieb Er auch, als Er Mensch wurde, denn Gott kann nicht aufhören, Gott zu sein. Gott hat allerdings das Recht und die Möglichkeit, sich auf eine Weise zu offenbaren, die den Umständen angemessen ist. Seine Erniedrigung ist der Beweis dafür, dass Er Gott ist, denn nur Gott hat das souveräne Recht, seine absolute Gottheit auf diese Weise zu verhüllen. Dass Er das tut, ist das Ergebnis seiner Liebe. Er blieb, auch als Er auf der Erde war, in der Gestalt Gottes. Er gab seine Gottheit nicht auf, wohl aber alle Rechte und Vorrechte, die Er auch auf der Erde hätte in Anspruch nehmen können. Dort, wo Er göttliche Kraft zeigt, geschieht das niemals für sich selbst, sondern immer für andere, und niemals in Unabhängigkeit von Gott.

Weil Er Gott war, bedeutete es für Ihn keinen Raub, Gott gleich zu sein. Er eignete sich nichts an, was nicht von Ihm selbst war. Der Herr Jesus war Gott, Er war Gott der Sohn von Ewigkeit. Er hatte eine Vor-Existenz beim Vater, bevor die Welt da war (Joh 1:1; Joh 17:5). Er war bei dem Vater, bevor die Welt war. Was Er von Ewigkeit her war, achtete Er nicht für einen Raub im Sinne von Gewinn. Vor langer Zeit hatte die Schlange Adam vorgegaukelt, Gott gleich sein zu können. Adam hatte das nicht und versuchte, es zu rauben. Der „letzte Adam“, der Herr Jesus, war Gott. Er achtete es nicht für einen Raub, sondern machte sich zu nichts, entäußerte sich selbst. Das griechische Wort, das mit „Raub“ übersetzt ist, bezeichnet nämlich nicht nur etwas, das gestohlen werden kann; es bedeutet auch etwas Wertvolles, das man nicht gern preisgibt. Dafür musste Er den Menschen gleich werden.

Phil 2:7. Er musste an seiner eigenen Schöpfung teilnehmen und in seiner eigenen Schöpfung als Knecht Dienst tun. Kann man sich einen größeren Kontrast denken? Er war der Gebieter und wurde Diener. Er, der Aufträge gab, bekam sie nun selbst. Ist es nicht eins der größten Probleme für dich und mich, auf unsere Rechte zu verzichten und dem anderen zu dienen? Der Herr Jesus tat das. Er hat sich selbst völlig zu nichts gemacht. Er ist unser Vorbild, wir können es nur von Ihm lernen.

Es ist auch von großer Bedeutung zu sehen, wie sein Knechtsein vollständig mit seinem Menschsein verwoben ist. Er hätte als Mensch auf die Erde kommen und erst später entscheiden können, Knecht zu werden. Aber Er tat das nicht. Genauso wie Er in Gestalt Gottes war und ist, was auf seine wesensmäßige und wahrhaftige Gottheit hinweist, hat Er die Gestalt eines Knechtes angenommen. Er hat nicht nur die Kleidung eines Knechtes angezogen und die Rolle eines Knechtes angenommen. Er hat sich nicht als Knecht ausgegeben, nein, Er war wesensmäßig und wahrhaftig Knecht, sowohl innerlich als äußerlich. Sein Wesen war Gehorsam, das Einzige, was das Leben eines Knechtes ausmacht.

Und es geht noch weiter: Er bleibt auch für immer Knecht (Lk 12:37), genauso wie diese vollkommene Person immer Mensch bleiben wird. Die Gestalt Gottes hat Er nicht angenommen, Er war Gott – die Gestalt eines Knechtes aber wohl, denn das wurde Er. Die Gesinnung des Dienens und der Knechtschaft ist besonders schön in der Fußwaschung in Johannes 13 zu sehen (Joh 13:1-17; Lk 22:27). Noch einmal: Er ist unser Vorbild. So wie Er zu uns gekommen ist, als Knecht, in seiner Kleidung als Knecht, so sollen auch wir einander begegnen in der Bereitschaft, einander in Demut zu dienen (1Pet 5:5). Die Kleidung eines Knechtes ziehen wir nicht so schnell an. Wir finden, dass sie uns nicht steht, wir fühlen uns darin nicht so wohl. Oder manchmal doch?

Phil 2:8. Die Menschheit des Herrn Jesus wird hier betont. Er ist in Gleichheit der Menschen geworden und wurde auch äußerlich als ein Mensch erfunden. Dass Er äußerlich „wie ein Mensch erfunden“ wurde, bezieht sich nicht in erster Linie darauf, was andere Menschen in Ihm fanden, sondern was Gott in Ihm fand. Gott hat im Herrn Jesus einen Menschen gesehen, wie Er ihn sich wünschte. Er war voller Freude über alles, was äußerlich von Ihm sichtbar wurde, jede Tat, jedes Wort, seine ganze Haltung. Er gab deshalb sein Zeugnis aus dem Himmel: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3:17).

Er war der Mensch, der allem entsprach, was Gott mit dem Menschen beabsichtigt hatte. Er war wirklich Mensch, nicht Gott in einer menschlichen Hülle. Er sah nicht nur aus wie ein Mensch, Er war ihm völlig gleich (Röm 8:3), ausgenommen die Sünde (Heb 4:15). Die Menschen konnten Ihn sehen und hören, sie konnten verstehen, was Er sagte und tat. Er war (und ist noch immer) wahrhaftig Mensch mit einem menschlichen Geist und einer menschlichen Seele und einem menschlichen Körper.

Als Er auf der Erde war, fiel Er unter den Menschen nicht auf. Er lief nicht mit einem Heiligenschein herum, so dass jeder an Ihm sehen konnte, dass Er etwas Besonderes war. Als man Ihn gefangen nehmen wollte, musste Judas den Feinden auf besondere Weise zeigen, wen sie gefangen nehmen sollten (Mt 26:48). Die Menschen in seiner Umgebung haben gesehen, dass Er ermüdet war und dass Er Hunger und Durst haben konnte. Er kannte alle Schwachheiten eines Menschen. Als Mensch wurde Er zwar auf eine völlig einzigartige Weise geboren – durch seine Geburt aus Maria ist Er wahrhaftig Mensch –, doch Er wurde nicht von einem sündigen Vater gezeugt, sondern durch den Heiligen Geist (Mt 1:20; Lk 1:35). Dies ändert nichts an seiner vollkommenen und freiwilligen Erniedrigung, einer Erniedrigung, die ihr Ende noch nicht erreicht hatte. Ist es für uns nicht schwierig, unauffällig unseren Weg zu gehen? Er hätte sich mit aller Ehre umgeben können, als Er seine Schöpfung betrat. Er hätte sich Zeit seines Lebens auf der Erde mit allem, was Eindruck auf Menschen macht, umgeben können. Er entschied sich dafür, in einem verachteten, abseits gelegenen Flecken – Nazareth – bei einer unbedeutenden Familie seine Laufbahn auf der Erde zu beginnen.

Es war für Ihn eine Erniedrigung, Mensch zu werden. Es war eine Erniedrigung, als Mensch Knecht zu sein. Doch seine Erniedrigung als Mensch und Knecht war nicht genug. Er konnte sich noch tiefer erniedrigen. Deswegen ging Er noch tiefer. Er hätte nach vollbrachtem Dienst zu seinem Vater zurückkehren können. Er brauchte nicht zu sterben. Doch Er wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Er hat sich völlig zu nichts gemacht. Er dachte nur an andere. Er, der den Gehorsam nicht kannte, wurde gehorsam bis zum Tod. Der Herr kannte den Gehorsam nicht. Im Himmel konnte Er damit nicht vertraut gemacht werden. Dort gab Er Engeln Befehle, und sie gehorchten Ihm (Heb 1:7). Für den Herrn Jesus war das Lernen des Gehorsams etwas anders, als wenn wir lernen, gehorsam zu sein. Wir sind von Natur aus ungehorsam (Eph 5:6). Wir lernen Gehorsam durch Korrektur. Das war bei Ihm nicht so. Bei Ihm brauchte nie etwas korrigiert zu werden. Bei Ihm gab es keinen aufsässigen Willen, es gab nichts, das nicht unterwürfig war. Das Lernen des Gehorsams bedeutete für Ihn, eine Stellung einzunehmen, wo es zu gehorchen galt. Er hatte nie eine Stellung eingenommen, die Gehorsam erforderte. Das lernte Er, als Er auf die Erde kam (Heb 5:8).

Sein Gehorsam fand seinen Höhepunkt in seinem Sterben. Sein Tod war der äußerste Gehorsam, dessen Schlusspunkt. Danach konnte nichts mehr kommen. Doch seine Erniedrigung konnte noch weiter gehen und macht zugleich die Weise, wie sein Gehorsam endete, beispiellos. Es ist der Kreuzestod, die schrecklichste und verächtlichste Form, wie ein Mensch sterben kann. So richtete man nur einen ungehorsamen Sklaven hin. Du kannst dir keinen Tod vorstellen, der noch erniedrigender ist. Diesen Tod starb der vollkommene Diener. Freiwillig und mit keinem anderen Wunsch, als vollkommen gehorsam zu sein, beendete Er auf diese Weise seine Laufbahn auf der Erde. Er hat immer den niedrigsten Platz eingenommen: bei seiner Geburt in Bethlehem, während seines Lebens in seinem Umgang mit den Menschen und schließlich auch in seinem Tod. Er ließ es zu, dass Menschen, denen Er allein dienen wollte, Ihn auf die höchst unehrenhafte Weise ums Leben brachten. Er, der so hoch erhoben war, ging den Weg bis zur tiefsten Erniedrigung. Er sah von allen Rechten ab, die Ihm zu Eigen waren, sowohl im Himmel als auch auf der Erde, um seinen Feinden zu dienen. Er kam von großer Höhe hinab, freiwillig, getrieben durch die Liebe zu seinem Gott und Vater. Sollte diese große Erniedrigung dich und mich nicht bereit machen, um einen verhältnismäßig kleinen Schritt nach unten zu machen und anderen zu dienen? Diese Gesinnung geziemt sich für uns.

Lies noch einmal Philipper 2,6–8.

Frage oder Aufgabe: Überdenke noch einmal die Schritte der Erniedrigung, die der Herr Jesus gegangen ist, bete Ihn dafür an und bitte Ihn, dir zu helfen, seinem Vorbild in seiner Gesinnung zu folgen.

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