Proverbs 30:11-31

Vier abtrünnige Generationen

Agur gibt in den Spr 30:11-31 sechsmal eine Aufzählung von vier Dingen. Damit beschreibt er die Welt, wie sie seit dem Sündenfall ist. Er beginnt mit vier Generationen, die die Merkmale des Teufels, ihres Vaters, haben. Jeder Vers der Spr 30:11-14 beginnt mit dem hebräischen Wort dor (Generation oder Geschlecht), eine Klasse von Menschen, die durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet wird.

Agur nimmt die kennzeichnenden Charakterzüge der Menschen wahr, die ihn umgeben. Es geht bei den Generationen nicht um aufeinanderfolgende Geschlechter. Sie können sich sozusagen im Leben einer Person vollziehen. In den vier Generationen, die er beschreibt, sehen wir stufenweise eine Zunahme der Verderbtheit. Die Entwicklung wird immer schlimmer:

Aufstand gegen Autorität, kein Respekt vor den Eltern (Spr 30:11)

Blindheit bezüglich des wirklichen moralischen Zustands und ihr sündiges Leben (Spr 30:12)

Arroganz und Hochmut (Spr 30:13)

Aggressivität und Unterdrückung der Armen (Spr 30:14).

Das erste Merkmal einer Generation, die Gott nicht anerkennt, ist die geringschätzige Ablehnung der elterlichen Autorität (Spr 30:11). Es geht um Menschen, die Gott nicht fürchten und die die von Ihm gegebene Autorität der Eltern nicht anerkennen. Sie verfluchen sie sogar. Sie haben keine natürliche Liebe zu den Eltern und respektieren sie nicht.

Sie fluchen ihrem Vater, der sie gezeugt hat. Ihre Mutter, die sie getragen und zärtlich umsorgt hat, empfängt kein einziges Wort des Dankes von ihnen. Nicht segnen ist ein abmildernder Ausdruck, der hier verfluchen bedeutet. Eins der Merkmale der letzten Tage ist, dass Kinder ihren Eltern ungehorsam sind (2Tim 3:1-5). Wir sehen um uns her, wie aktuell das ist.

Sünde beginnt in der Familie, in der Haltung gegenüber den Eltern. Der Anfang aller Rebellion ist die Ablehnung der Autorität Gottes in den Familienbeziehungen. Wir haben das Gebot, unsere Eltern zu ehren, weil sie Gottes Werkzeuge waren, uns zu erschaffen. Ohne sie würden wir nicht existieren. Wenn wir nicht anerkennen, dass wir den Eltern unser Leben zu verdanken haben und dass wir folglich verpflichtet sind, sie zu ehren, bedeutet das, dass wir Gott nicht als unseren Schöpfer anerkennen, dem wir Lob schuldig sind. In unserer Welt, die voll zerrütteter und zerbrochener Familien ist, klingt dieser Spruch wie ein vernichtendes Urteil.

Eine Generation, die die von Gott gegebene elterliche Autorität ablehnt, sieht sich selbst als „rein“ an (Spr 30:12). Das ist das zweite Kennzeichen der Generation, die Gott nicht anerkennt. Die Ursache dafür ist, dass diese Menschen nicht von ihrem „Unflat“ oder Schmutz gewaschen sind. Sie sehen also ihren Schmutz als Reinheit an. Wie töricht und blind ist doch eine derartige Generation. Schmutz bezieht sich oft auf körperliche Unreinheit, doch hier geht es um eine moralische Beschmutzung (vgl. Sach 3:3; 4). Dieser Schmutz ist nicht körperlich und kann auch nicht mit menschlichen Mitteln abgewaschen werden (Hiob 9:30; 31; Jer 2:22). Der Schmutz der Sünde kann nur durch das Blut des Lammes und den Namen des Herrn Jesus und durch den Geist Gottes abgewaschen werden (Off 7:14; 1Kor 6:11).

Diese Menschen sind stolz darauf, dass sie äußerliche religiöse Rituale praktizieren, doch sie achten in keiner Weise auf ihre innere Reinigung: „Der Herr aber sprach zu ihm: Jetzt, ihr Pharisäer, reinigt ihr das Äußere des Bechers und der Schale, euer Inneres aber ist voller Raub und Bosheit“ (Lk 11:39). Sie achten auf ihr reines Äußeres, sind aber blind im Blick auf ihr verdorbenes Inneres. Jeder sieht den Schmutz, nur sie selbst nicht. Sie sind in ihren eigenen Augen rein und völlig blind für ihr Versagen (Lk 18:11), doch Gott sieht ihren äußeren und inneren Schmutz.

Es ist die Generation, die behauptet, dass Schmutz nicht mehr Schmutz, sondern Reinheit ist (Jes 5:20). Die offene Förderung, Verbreitung und Akzeptanz homosexueller Praktiken und Beziehungen, wie beispielsweise durch die Gay-Pride-Paraden, ist dafür eins der deutlichsten Beispiele. Wenn Gott und sein Wort aus dem Denken der Menschen verschwinden, verschwinden die göttlichen Richtlinien, anhand derer alles gemessen werden muss. Wir benötigen das Original, um Abweichungen zu sehen. Nur der Heilige Geist kann uns von der Sünde überzeugen.

Wer in seinen eigenen Augen rein ist (Spr 30:12), schaut verächtlich auf andere Menschen herab (Spr 30:13); das ist das dritte Kennzeichen dieser Generation. Sie strotzt vor Stolz, Arroganz und Brutalität. Die Menschen dieser Generation schauen mit Verachtung auf ihre Nächsten herab, wobei sie Rad schlagen wie ein Pfau. Sie meinen, die Show zu stehlen, während sie sich in den Augen Gottes verächtlich machen. Es ist eine Generation stolzer Menschen, die auf jeden, der ihnen widersteht, ihre Verachtung ausgießen (vgl. Ps 131:1).

Das vierte und letzte Kennzeichen der Menschen dieser Generation ist Grausamkeit (Spr 30:14). Die Bilder in der ersten Hälfte des Verses symbolisieren ihre grausame Raubgier. Ihre Zähne sind wie „Schwerter“ und ihr Gebiss wie „Messer“. Der zweite Teil des Verses zeigt, wer ihre Opfer sind. Wie ein gefräßiges und gefühlloses Raubtier reißen sie ihre Mäuler auf, „um wegzufressen die Elenden von der Erde und die Armen aus der Menschen Mitte“ (vgl. Amos 8:4). Sie sind wie wilde Tiere, die andere Menschen ausbeuten und vernichten.

Es ist eine Generation ohne Mitleid. Die von diesen Menschen gepriesene und hoch gerühmte Toleranz ist nur äußerer Anstrich. Sie fordern sie nur für sich selbst. Alle müssen sie akzeptieren, doch selbst akzeptieren sie keine einzige andere Meinung. Keine Spur von Mitleid ist bei ihnen zu finden, sondern nur zerstörende Brutalität. Wir sehen es in der Ermordung von Kindern im Mutterleib und der Tötung alter Menschen oder der Erlösung von „unerträglichen und aussichtslosen“ Leiden.

Der Mensch meint durch seinen Glauben an die Evolutionstheorie, dass er ein höher entwickeltes Tier sei. In Wirklichkeit sinkt er immer tiefer und gerät in ein Verhalten, dass mit dem der grausamsten Tiere zu vergleichen ist. Er zeigt die Charakterzüge eines reißenden Tieres. Er übertrifft es sogar an Grausamkeit, weil er bewusst handelt und sein gewalttätiges und boshaftes Verhalten rechtfertigt, indem er es als ein Verhalten bezeichnet, das eigentlich eine Wohltat ist. Das ist die schrecklichste Form der Verdorbenheit. Die Tatsache, dass der Mensch das Bild des Schöpfers ist, der Leben gibt und es erhält, ist hier gänzlich verschwunden. Jede Beziehung zu Ihm ist zerbrochen. Der Mensch hat sich in ein Raubtier nach dem Vorbild Satans verwandelt, der ein „Mörder von Anfang an“ ist (Joh 8:44).

Vier unersättliche Dinge

Die vier oben erwähnten Generationen (Spr 30:11-14) sind die Blutegel von Spr 30:15. Der Blutegel ist ein Sinnbild für Gier. Er saugt Blut mit seinen Saugnäpfen an beiden Enden seines Körpers. Agur nennt seine „zwei Töchter“, die eine mit dem Namen „Gib her“ und die andere auch mit dem Namen „Gib her“. „Gib her“ ist ein Markenname, den man jeder Form von Gier geben kann. Es geht um nichts anderes als um die Befriedigung einer Begierde, die in Wirklichkeit nie befriedigt werden kann. Immer bleibt die Begierde nach mehr oder anderem bestehen.

Satan ist der große Blutegel. Er saugt das Leben aus den Menschen heraus. Die beiden Instrumente, derer er sich bedient, sind die „zwei Töchter“, die auch Blutegel sind. Der Ausdruck „drei … vier,“ (Spr 30:18; 21; 29) ist eine hebräische Ausdrucksweise, die zeigt, dass es nicht um etwas Zufälliges geht, sondern etwas, das häufiger vorkommt.

Die „drei“ sind Satan und seine Töchter. Das kann man auf die sündigen Begierden eines Menschen beziehen, denn sie sagen niemals: „Genug!“. Satan und seine Töchter sind unersättliche Blutegel. Um das dunkle Wesen der sündigen, unersättlichen Begierden des Menschen zu illustrieren, gebraucht Agur „vier“ Beispiele. So haben wir hier zwei Töchter, drei unersättliche Dinge und vier Dinge, die niemals „genug!“ sagen.

Das erste Beispiel der Unersättlichkeit ist der „Scheol“, der Aufenthaltsort der Toten (Spr 30:16; Hab 2:5). Er gleicht einem Haus, das immer offen steht und in dem es immer Raum gibt, wenn jemand stirbt. Zahllose Menschen sind uns seit dem Sündenfall dorthin vorangegangen. Niemals wird die Tür geschlossen und ein Schild aufgehängt werden, auf dem voll steht. Die Tür dieses Hauses wird erst geschlossen, wenn die Ewigkeit anbricht und der Tod und der Hades in den Feuersee geworfen worden sind (Off 20:14). Das geschieht nicht, weil der Scheol voll wäre, sondern weil niemand mehr da ist, der noch hineinkommen könnte.

Das zweite Beispiel ist der „verschlossene Mutterleib“. Der Mutterleib einer Frau nimmt immer wieder Samen auf, aber die Frau kennt nie die Befriedigung, die sie sich so sehr wünscht: einem Kind das Leben zu geben (1Mo 30:1; 1Sam 1:2-8). Der Mutterleib gleicht so dem Scheol.

Das dritte Beispiel ist ein trockenes Stück Land. Die Erde, „die des Wassers nicht satt wird“, wird mit der größten Gier Wasser aufnehmen und niemals sagen, dass es genug ist (vgl. Ps 63:1; 2). Ausgegossenes Wasser ist ein Symbol davon, dass das Leben ausgegossen wird, was immer wieder geschieht (2Sam 14:14). Darum kann auch dieses Beispiel mit dem Tod in Verbindung gebracht werden.

Das vierte Beispiel ist das „Feuer“, das nie mit dem zufrieden ist, was es verzehren kann. Es verschlingt alles, was ihm in den Weg kommt und fährt unersättlich damit fort, solange etwas Brennbares da ist. Auch verzehren die Flammen alles, was ins Feuer geworfen wird. Das erinnert an die Hölle, an das ewige Feuer, ein Feuer, das nie erlischt, sondern immer weiterbrennt und bis in Ewigkeit nicht satt wird.

Nur der Schöpfer kann die tiefsten Wünsche eines Menschen befriedigen, und zwar durch das Leben in Gemeinschaft mit Ihm. Er allein kann die Leere des Herzens füllen, das Er erschaffen hat, indem Er dem Verlangen nach Ihm selbst entspricht.

Den Vater verspotten und die Mutter verachten

Es ist nicht ausgeschlossen, dass jemand, der unersättlich ist, in die tiefste Sünde fällt, nämlich die Eltern zu verspotten und zu verachten. Als ob sie schuld daran sind, dass seine Begierden nicht befriedigt werden. Damit kehrt Agur zum ersten Kennzeichen der Generation zurück, in deren Mitte er lebt (Spr 30:11). Hier spricht er von einem „Auge, das den Vater verspottet“. Das Auge offenbart die innere Haltung des Herzens und ist voller tief sitzender Verachtung. Das zeigt sich auch in der Verachtung des Gehorsams gegen die Mutter. Gott achtet darauf, mit welchen Augen ein Kind seine Eltern sieht.

Die Strafe ist in Übereinstimmung mit der Sünde. Das Auge, das so nachdrücklich Spott und Verachtung erkennen lässt, wird zuerst einmal von den „Raben des Baches“ ausgehackt und anschließend von den „Jungen des Adlers“ gefressen. Das Auge auspicken und fressen können wir wörtlich nehmen. Das weist auf einen frühen Tod hin, wobei der Leichnam nicht beerdigt, sondern den Raubvögeln überlassen wird. Gott sorgt dafür, dass sich diese Vögel auf die Augen dieses Sünders stürzen werden. Dieses Gericht bestätigt auch, dass solch ein Mensch blind gegenüber Gott als Schöpfer ist. Diese ernste Strafe trifft den, der mit Spott und Verachtung auf seine Eltern schaut.

Vier unergründliche Dinge

Nun betrachtet Agur die Natur, wo viele Dinge großartig und zugleich „zu wunderbar“ oder unbegreiflich sind (Spr 30:18). Viermal geht es um den „Weg“ als eine Illustration für die Wege Gottes, die Er mit der Schöpfung und mit Menschen geht: „Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege!“ (Röm 11:33). Agur zitiert ein paar Beispiele als eine ausgewählte Sammlung. Wir wissen, dass Gott in seinem Wort nur das aufgenommen hat, was für uns wichtig ist. Wir dürfen daher erwarten, dass wir anhand dieser Beispiele etwas lernen können. Das heißt nicht, dass uns diese Lektionen direkt klar sind, doch das ist typisch für das Buch der Sprüche. Wir müssen über Dinge nachdenken, von denen wir sagen müssen, dass sie „zu wunderbar für mich“ sind und ich sie „nicht erkenne“.

Es ist nicht einfach, zu entdecken, was die vier Dinge gemeinsam haben (Spr 30:19). Sie sind sprachlich durch das Wort „Weg“ miteinander verbunden und auch durch eine gewisse Rätselhaftigkeit und Unergründlichkeit. Alle vier gehen einen Weg, der nicht nachvollziehbar ist. Nachdem sie sich gezeigt haben, verschwinden sie wieder, ohne eine Spur zu hinterlassen. Von den Bereichen, wo sie ihren Weg ziehen, sind drei geographisch (Luft, Land und Meer) und einer sozial (Ehebeziehung). Die ersten drei dienen als Illustrationen für den vierten. Der vierte Bereich ist auch das größte Wunder.

Wenn wir den „Weg des Adlers am Himmel“ beobachten, sind wir beeindruckt. Wir wissen nicht im Voraus, welchen Weg er nimmt. Und wenn er diesen Weg gezogen ist, so finden wir keinerlei Spur mehr. Dasselbe gilt für den „Weg einer Schlange auf dem Felsen“. Wir können uns die schnellen und zielgerichteten Bewegungen eines Reptils ohne Füße anschauen, doch wir können nicht voraussagen, welchen Weg es über den Felsen nimmt. Wenn das Tier in einer Felsspalte verschwunden ist, hat es keine Spur des Weges hinterlassen, den es gegangen ist.

Der „Weg eines Schiffes im Herzen des Meeres“ ist ebenso unvorhersehbar. Es gibt keinen markierten Pfad, der es möglich macht, vorherzusagen, welchen Weg das Schiff nimmt. Wenn es vorbeigefahren ist und das Wasser hinter ihm wieder zur Ruhe kommt, bleibt keine Spur von dem Weg übrig. Die Bewegungen dieser drei sind schön anzusehen. Sie richten unsere Aufmerksamkeit auf die majestätischen und rätselhaften Bewegungen in der Luft, auf dem Land und auf dem Meer.

Nachdem wir die Bereiche Luft, Land und Meer behandelt haben, wird unsere Aufmerksamkeit auf den „Weg eines Mannes mit einer Jungfrau“ gerichtet. Hier sehen wir das Wunder der Anziehungskraft zwischen einem Mann und einer Frau und wie sie einswerden beschrieben. Wie in einem Mann Liebe für eine junge Frau entsteht, ist ein Wunder, das nicht im Voraus beschrieben werden kann. Wenn es so weit ist, dass er Kontakt mit dem Mädchen aufnimmt, ist es unmöglich vorherzusagen, wie es weitergeht. Vielleicht ist es sogar so, dass mit diesem „Weg“ hauptsächlich der innigste Aspekt der Ehebeziehung gemeint ist. Es ist das Geheimnis zwischen zwei Menschen, von dem sonst niemand etwas erfährt.

Wir können eine geistliche Anwendung der vier „Wege“ machen, die hier beschrieben werden. Den Weg des Adlers am Himmel können wir mit dem Kommen des Sohnes Gottes verbinden, der vom Himmel gekommen ist, um Gott auf der Erde kundzutun. Der Weg hat auch mit seiner Rückkehr zum Himmel zu tun. Das kann ein natürlicher Mensch nicht begreifen (Joh 6:60-63).

Auch der Weg der Schlange auf dem Felsen ist nicht zu begreifen. Was ist der Weg, den die Schlange, der Teufel (Off 12:9), gewählt hat, um in die Schöpfung einzudringen, die der gerechte Gott geschaffen hat, der ein Fels und ohne Trug ist (5Mo 32:4)? Und was ist der Weg, den die Schlange beständig geht und auf dem sie sich in der Schöpfung Gottes bewegt? Wie ist es möglich, dass dieser Böse ständig in die Gegenwart Gottes treten kann, um die Brüder zu verklagen (Off 12:10; vgl. Hiob 1:6-12; Hiob 2:1-6)? Wir sehen den Weg der Schlange auf dem Felsen auch darin, wie Satan den Herrn Jesus versucht, der der Fels ist (1Kor 10:4; Mt 4:1-11). Doch er hat in Christus nicht die geringste Spur hinterlassen, denn er fand nichts in ihm (Joh 14:30).

In dem Schiff im Herzen des Meeres können wir die Gemeinde inmitten der Völkerwelt sehen. Sie ist nun schon seit 2000 Jahren durch das Völkermeer unterwegs. In all den Jahren hat der Böse versucht, die Gemeinde zu verwüsten und das Schiff zerbrechen zu lassen. Doch sie ist durch alle Angriffe hindurch und auf eine für uns einzigartige Weise bewahrt geblieben (Mt 16:18), weil Gott sie leitet. Gottes Weg mit seiner Gemeinde ist „im Meer“ (vgl. Ps 77:19; 20).

Der Weg eines Mannes mit einer Jungfrau bringt uns zum Weg des Herrn Jesus mit seiner Gemeinde. Dieser Weg, den Er gegangen ist, um sie zu besitzen, ist nicht zu begreifen. Wie hat Er unser Herz eingenommen und wie haben wir das neue Leben bekommen? Wir können es einfach nicht begreifen (Joh 3:8), wir können es lediglich feststellen. Seine Liebe zu uns brachte Ihn in die größten Leiden, in die Ängste von Gethsemane und die Schrecken des Kreuzes, vor allem in den drei Stunden der Finsternis, als Er zur Sünde gemacht wurde und sein Gott Ihn verlassen musste. Wir können Ihn dafür nur anbeten.

Wir können auch nicht begreifen, wie Er beständig mit seiner Gemeinde beschäftigt ist und sich für sie verwendet. Wir wissen, dass Er das durch sein Wort tut (Eph 5:25-27). Er tut das auf eine Weise, die wir nicht wahrnehmen können. Vielleicht wird Er es uns einmal sagen, wenn wir bei Ihm sind. Dann werden wir erkennen, wie wir erkannt worden sind (1Kor 13:12).

In Spr 30:20 wird noch ein weiterer Weg beschrieben. Dieser Weg steht in völligem Gegensatz zum Weg der Liebe im vorhergehenden Vers. Es ist „der Weg einer ehebrecherischen Frau“. Auch sie hinterlässt keinerlei Spur ihrer Treulosigkeit. Wir finden hier wieder den Gegensatz, der das gesamte Buch der Sprüche durchzieht, den Gegensatz zwischen der Weisheit und der Torheit, zwischen der treuen Frau und der untreuen Frau. Diesen Gegensatz finden wir auch im Buch der Offenbarung zwischen der Braut des Lammes, der Gemeinde, und der großen Hure, Babylon, die große, die Mutter der Huren (Off 17:1-6; Off 19:1-8).

Letzteres weist darauf hin, dass wir auch diesen Vers geistlich anwenden können. Der Vers zeigt, dass die Liebe, die Christus der Gemeinde offenbart hat, von der Gemeinde mit Untreue beantwortet wird. Wir sehen, dass die Christenheit Ihm in erschreckender Weise immer deutlicher untreu wird, Ihm, den sie als ihren Herrn bekennt. Sie verbindet sich auf die innigste Weise mit der Welt, indem sie weltliche Methoden hineinnimmt und das Wort Gottes der Sicht des modernen Menschen anpasst.

Dass dieser Vers unmittelbar auf Spr 30:19 folgt, unterstützt den Gedanken, dass es bei dem vorhergehenden Vers um sexuelle Intimität in der Ehe geht. Die Bilder, dass die Frau isst und ihren Mund abwischt, sind ein versteckter Hinweis auf sexuelles Handeln (vgl. Spr 9:17). Was sie in ihrer Treulosigkeit tut, ist für sie nichts anderes als ein Abendessen. Sie verwischt alle Spuren der Sünde, die sie begangen hat und fährt mit ihren täglichen Arbeiten fort, als wäre nichts geschehen.

Es ist unfassbar, dass Menschen sündigen können und anschließend Gefühle der Schuld oder Verantwortung abschütteln. Das ist nur möglich, weil eine hässliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Willen Gottes im Hinblick auf die Sexualität vorhanden ist.

Vier unerträgliche Dinge

Das gemeinsame Element in den Spr 30:21-23 ist das, was unerträglich ist. Agur nennt dazu vier Beispiele, die gleichmäßig zwischen den beiden Geschlechtern aufgeteilt sind. Jedes Beispiel behandelt den Missbrauch von Macht und Besitz, die sich Menschen anmaßen, wenn sie eine Stellung einnehmen oder bekommen, die nicht zu ihnen passt. Sie richten sich nicht nach der Ordnung, die Gott eingesetzt hat. Wenn Gottes Ordnung umgekehrt wird, erzittert die Erde (Spr 30:21). Das kann sie nicht ertragen und das führt zu einer völlig instabilen Gesellschaft. Die Einhaltung der Ordnung Gottes führt zu Stabilität und Frieden. So will Er, dass alles in der Gemeinde „anständig und in Ordnung“ geschieht (1Kor 14:40).

Beim ersten Beispiel geht es um einen „Knecht, wenn er König wird“ (Spr 30:22). Für einen Knecht ist es nicht vorgesehen, dass er regiert. Wenn er diesen Platz dennoch einnimmt, versinkt ein Land im Chaos, weil ihm einfach der Verstand fehlt. Wer plötzlich in seinem Status erhöht wird, wird eine unerträgliche Person. Alles beginnt zu zittern, weil es keine eindeutige Regierung mehr gibt. Solch ein Wechsel schüttelt die Ordnung des Lebens durcheinander. In der Gemeinde zittert ebenfalls alles, wenn jemand, der dienen sollte, zu regieren beginnt (3Joh 1:9; 10).

Beim zweiten Beispiel geht es um einen „gemeinen Menschen, wenn er satt Brot hat“ (Spr 30:22). Ein gemeiner Mensch ist ein fauler Tor. Der Tor schließt Gott grundsätzlich aus. Das macht ihn zu einem Toren. So jemandem etwas zu essen zu geben, bis er satt ist, stellt die Ordnung Gottes auf den Kopf. Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen (2Thes 3:10). Gib ihm etwas zu essen, und er wird sich nicht nur gesättigt fühlen, sondern auch mit arroganter Selbstzufriedenheit erfüllt sein. Weil er satt ist, denkt er nicht daran, zu arbeiten. Er verbringt seine Zeit mit der Verkündigung und dem Tun seiner Torheiten. Solche Leute vergrößern das Chaos nur noch.

Die dritte Person, die die Erde erzittern lässt, ist „eine unleidliche Frau, wenn sie geheiratet wird“ (Spr 30:23). An einer unleidlichen Frau ist nichts Anziehendes, sie hat einen schlechten Charakter. Das zeigt sich, sobald sie verheiratet ist. Dann wird sie die Kontrolle über die Familie übernehmen. Die Macht, die sie hat, wird sie nicht zum Guten gebrauchen, sondern zum Schlechten. Die Beziehungen innerhalb der Familie werden gestört. Darunter erzittert die Erde.

Die vierte Person ist „eine Magd, wenn sie ihre Herrin beerbt“ (Spr 30:23). Sie gleicht dem Knecht, der König wird (Spr 30:22). Die geerbten Güter ermöglichen ihr plötzlich ein ganz anderes Leben. Sie war eine Magd, doch plötzlich fühlt sie sich durch das Erbe als eine Herrin. Anstatt zu gehorchen, erteilt sie nun Befehle. Das ist für die unerträglich, mit denen sie vorher ihrer Herrin diente.

Vier kleine, aber weise Tiere

Was die „vier … Kleinen der Erden“ gemeinsam haben, ist Weisheit (Spr 30:24). Die vier kleinen Tiere, die Agur aufzählt, wissen, wie sie mit ihren natürlichen Nachteilen oder Einschränkungen überleben können. Der Schöpfer hat diesen Instinkt in sie hineingelegt. Er hat sie „mit Weisheit wohl versehen“. Wie groß ist seine Weisheit! Der Mensch ist von Natur aus geneigt, das zu bewundern, was groß, stark und eindrucksvoll ist. Hier sehen wir, dass das bei Gott nicht der Fall ist, und auch nicht in der Schöpfung. Wir dürfen die schwachen Dinge in der Schöpfung nicht verachten, sondern können davon lernen. In Gottes Schöpfung zeigt sich seine Weisheit auf verschiedene Weise. Die Menschen können dadurch den Wert der Weisheit kennenlernen (Hiob 12:7).

Diese kleinen Tiere sind „ein nicht starkes Volk“ (Spr 30:25), „ein nicht kräftiges Volk“ (Spr 30:26), sie „haben keinen König“ (Spr 30:27) und sind ohne Verteidigung (Spr 30:28). Dasselbe gilt für die Gemeinde in der Welt. Sie ist schwach, aber in Christus steht ihr alle Weisheit zur Verfügung (1Kor 1:26-30).

Die Weisheit, die wir in den „Ameisen“ sehen, betrifft ihre Voraussicht und ihre organisatorische Fähigkeit, um für die Zukunft Nahrungsvorräte anzulegen (Spr 30:25). Dass die Ameisen ein Volk ohne Kraft sind, ist für sie keine Entschuldigung, faul zu sein. Sie wissen, wie sie körperlich in Zukunft überleben müssen. Fleißig sammeln sie im Sommer Nahrung, so dass sie im Winter zu fressen haben.

Sie lehren uns, dass wir auf die Zukunft ausgerichtet leben müssen (Spr 6:6). Wie die Ameisen Nahrung für ihre zukünftigen Bedürfnisse sammeln, so sollten wir Gottes Wort als unsere geistliche Nahrung nicht nur für heute lesen, sondern auch für die Zukunft. Dann kann der Heilige Geist zu gegebener Zeit das gebrauchen, was nötig ist.

Der reiche Tor hatte auch viele Güter für viele Jahre gesammelt, doch nur für die Erde. Die zukünftigen Jahre, für die er so viel gesammelt hatte, hat er nie gesehen, weil seine Zukunft nur auf der Erde war (Lk 12:16-21).

Die Weisheit der „Klippdachse“ liegt in ihrer Geschicklichkeit, einen sicheren Ort zu finden und dort ihr Haus zu bauen (Spr 30:26). Sie wissen, wie sie in einer feindlichen Umgebung überleben können: „die Felsen [sind] eine Zuflucht für die Klippdachse“ (Ps 104:18). Sie suchen ihre Sicherheit in den Felsen. Sie sind sehr schwach, aber ihre Lage auf dem Felsen ist sehr stark. Das lehrt uns, dass das Bewusstsein unserer Schwachheit und unseres Unvermögens uns zum Felsen, zu Christus, bringen soll (1Kor 10:4), damit wir dort unser Haus bauen (Mt 7:24; 25).

Die Weisheit der „Heuschrecken“ besteht in ihrem wohlgeordneten Zusammenwirken, das sie befähigt, wie eine gewaltige militärische Einheit vorzurücken (Spr 30:27). Die Heuschrecke weiß, wie sie organisieren muss, sie hat ein erstaunliches Organisationstalent. Unter ihnen herrscht eine spontane Einheit und Ordnung. Sie haben keinen König und auch keine Königin wie die Bienen, und doch „ziehen sie allesamt aus in geordneten Scharen“, wie eine gut organisierte Armee. Eine einzelne Heuschrecke hat keine Kraft, man kann sie töten, indem man sie zertritt. Doch in Schwärmen sind Heuschrecken unbesiegbar und zerstören alles (2Mo 10:13-15; Jes 33:4; Joel 2:25; Off 9:1-11).

Gott hat es in sie hineingelegt, dass sie in geordneten Scharen ausziehen. Die Belehrung für uns ist, dass das Empfinden der Schwachheit uns als Glieder der Gemeinde zusammenschweißen muss und dass wir einander stärken müssen. Wir können das in einer örtlichen Gemeinde erleben, wenn die unsichtbare Person, der Heilige Geist, uns leiten kann. Das war bei den Kolossern der Fall. Paulus konnte zu ihnen sagen: „Denn wenn ich auch dem Fleisch nach abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch, mich freuend und sehend eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus“ (Kol 2:5). Gibt es auch heute noch örtliche Gemeinden, zu denen der Herr Jesus das sagen kann?

Die Weisheit der „Eidechse“ ist ihre Fähigkeit, sogar in die Paläste der Könige zu gelangen (Spr 30:28). Die schwache, wehrlose Eidechse, die man leicht fangen kann, weiß, wie sie in die sichersten und vornehmsten Wohnungen wie die königlichen Paläste gelangen kann.

Zahlreiche Christen sind im Lauf der Kirchengeschichte festgenommen und sogar getötet worden, ohne sich zur Wehr zu setzen, doch sie haben alle eine Wohnung bei Gott. Wer schwach ist, darf wissen, dass er einen hervorragenden und sicheren Platz in Christus hat. Gläubige besitzen königliche Würde und sind „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph 2:19). Mit ihren Saugnäpfen kann sich die Eidechse selbst auf den glattesten Oberflächen sicher bewegen; sie saugt sich sozusagen daran fest. So kann sich der Glaube an der Wohnung Gottes festhalten.

Vier mit einem stattlichen Gang

Agur nennt vier Illustrationen von stattlichen Tieren, damit wir davor bewahrt werden, dass wir meinen, dass das Kleine in den vorigen Versen immer besser ist, als das Große. Sie alle sind Führer (Spr 30:29). Der Gegensatz zu den vorigen vier ist offensichtlich. Diese Tiere sind keine machtlosen Wesen, mit denen man machen kann, was man will, sondern machen Eindruck. Sie besitzen Führungsqualitäten. Die Weise, wie sie sich fortbewegen, hat etwas Majestätisches. Sie haben „einen stattlichen Schritt“ und „einen stattlichen Gang“. Zuerst erhalten wir drei Beispiele aus der Tierwelt. Sie bilden den Auftakt zum vierten, dem König, der ein Kriegsheer bei sich hat. Dieses Kriegsheer verstärkt den Eindruck seiner Majestät.

Das erste Tier mit einer königlichen Ausstrahlung ist der Löwe, der König unter den Tieren, der „vor nichts zurückweicht“ (Spr 30:30). Im Gegenteil: Jeder weicht ihm aus und gibt ihm freie Bahn. Seine Art, wie er sich fortbewegt, flößt Ehrfurcht ein. Er strahlt Kraft aus. Er wird seinen Schritt nicht beschleunigen, um zu fliehen, denn er hat vor niemandem Angst. In seiner Kraft und Majestät ist er ein Bild von Christus, dem „Fürsten der Könige der Erde“, der auch „der Löwe … aus dem Stamm Juda“ genannt wird (Off 1:5; Off 5:5).

Wir sehen beim „Lendenstraffen“ (oder Hahn) (Spr 30:31) ebenfalls eine königliche Ausstrahlung, wenn er unter den Hennen stolziert. Der Hahn kräht, wenn die Sonne aufgeht, also zu Beginn eines neuen Tages. Das ist das Zeichen eines Neuanfangs. Als Petrus den Herrn Jesus verleugnete, krähte der Hahn. Petrus erwachte gleichsam und bereute das, was er getan hatte (Mt 26:75). Das war der Anfang seiner Wiederherstellung.

Wir können den Hahn deshalb als ein Symbol für die Ankündigung des Kommens des Königs sehen. Christus wird in Majestät als Richter erscheinen, um die Welt zu richten und sein Friedensreich aufzurichten.

Der „Bock“ hat ebenfalls einen stattlichen Gang. Mit seinem erhobenen Kopf läuft er stolz vor der Herde her (Jer 50:8). Der Ziegenbock ist in erster Linie das Tier, das als Sündopfer verwendet wurde. Das erinnert uns an den Herrn Jesus, der in königlicher Würde nach Jerusalem hinaufging, um als das Sündopfer zu sterben. Er wollte diesen Weg gehen und das Werk erfüllen; niemand konnte Ihn daran hindern (Lk 9:51). Dieses Werk ist die Grundlage für seine Rückkehr zur Erde, denn durch dieses Werk hat Er das Recht auf die Schöpfung zurückerlangt.

Christus wird auf die Erde zurückkommen als ein „König, bei dem das Kriegsheer ist“. Ein König mit seinem Kriegsheer ist sehr beeindruckend. Niemand wagt es, ihm zu widerstehen und niemand kann vor ihm standhalten. Das wird geschehen, wenn Christus als König mit seinem ganzen Volk wiederkommt (Off 19:11-21). Es ist das Volk, das Er sich geheiligt hat und für das Er sich als Opfer dargebracht hat. Dieses Volk wird mit Ihm regieren.

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