Psalms 103:8

Recht und Güte

In den Ps 103:1-5 dankt David dem HERRN für alle Wohltaten, die Er an seiner Seele vollbracht hat. Es ist auch nicht irgendeine Wohltat, sondern eine große Wohltat, nämlich dass eine Umkehr in seinem Zustand stattgefunden hat. Zuerst war er auf dem Weg ins Verderben, krank wegen der Züchtigung durch Gott über seine Ungerechtigkeit. Die große Wohltat des HERRN besteht darin, dass Er ihn von all dem befreit und ihn mit so großen Segnungen überschüttet hat, dass es ihm unmöglich ist, über diese große Rettung zu schweigen.

Nun fährt er fort, die „Gerechtigkeit“ oder gerechten Taten des HERRN zu besingen (Ps 103:6). Zu diesen gerechten Taten gehören „Recht“ verschaffen „allen, die bedrückt werden“. Das zeigt sich darin, dass Er den Bedrückten erlöst, während Er gleichzeitig die Bedrücker bestraft. Wir leben auch heute noch in einer Welt, die voller Unrecht und Ungerechtigkeit ist. Das kommt nicht vom HERRN, sondern vom Menschen, der ohne Ihn lebt.

Wenn der HERR regiert, wenn Er sich auf seinen Thron setzt (Mt 25:31), wird alle Ungerechtigkeit ein Ende haben. Er wird ihr ein Ende setzen, indem Er „Gerechtigkeit übt“, d. h. die gerechte Gerichte übt, mit denen Er Ungerechtigkeit bestraft und beseitigt. „Alle, die bedrückt werden“, die um seines Namens willen Unrecht erlitten haben, wird Er Gerechtigkeit üben. Er wird sie in den Frieden und den Segen des Friedensreiches führen.

Gott hat Pläne für die Zukunft. Das beinhaltet zwei Dinge: erstens die Befreiung aus der Hand des Feindes und zweitens die Vergebung der Sünden. Er „tat“ die Pläne für die Zukunft seines Volkes und die Art und Weise, wie Er sie verwirklichen wird, „Mose kund“ (Ps 103:7). Mose ging zu Ihm, um sich die Stiftshütte zeigen zu lassen (2Mo 25:40; Heb 8:5). Darin offenbart Er seinen Plan, nämlich dass Er inmitten eines erlösten Volkes wohnen will. „Den Kindern Israels“ hat Er „seine Taten“ kundgetan. Er tat dies, indem Er sie aus der Knechtschaft Ägyptens befreite und in das verheißene Land brachte.

Das Volk musste von einem äußeren Feind, aber auch von seinen Sünden befreit werden. Erst dann konnte der HERR in ihrer Mitte wohnen. So ist es auch in der Zukunft. Es gibt eine Befreiung aus der Hand der Gottlosen, sowohl der Völker als auch des eigenen Volkes, aber vor allem eine Befreiung von ihren Ungerechtigkeiten.

Alle Wege und Taten des HERRN zeigen, dass Er „barmherzig und gnädig“ und „langsam zum Zorn und groß an Güte“ ist (Ps 103:8). Das ist die Herrlichkeit Gottes, die Er Mose zeigte, als dieser sich wunderte, wie der HERR das Volk nach der Sünde mit dem goldenen Kalb verschonen konnte (2Mo 34:6; 7). Jedes Mal, wenn sich sein Volk von Ihm abwandte und begann, Götzen zu dienen, hat Er seine Barmherzigkeit und Gnade gezeigt, indem Er es verschonte. Wie oft ist seine Geduld auf die Probe gestellt worden. Dass Er sie nicht vernichtet hat, liegt daran, dass Er „groß an Güte“ ist.

Gott „wird nicht immer rechten“ (Ps 103:9; Jes 57:16). Bei dem Volk Israel konnte der HERR durch den Versöhnungstag in ihre Mitte kommen und wohnen (3Mo 16:1-34). Was an diesem Tag geschah, die Opfer, die dargebracht wurden, weisen auf das Werk des Herrn Jesus am Kreuz hin, wie in Hebräer 9 und 10 erklärt wird (Heb 9:1-28; Heb 10:1-22). Dies gilt für alle, die ihre Sünden bekannt haben.

In dem Augenblick, in dem der Hohepriester, der stellvertretend für das Volk vor Gott auftrat, durch die Kraft des Blutes zurückkehrte, wusste das Volk mit Sicherheit, dass seine Sünden für dieses eine Jahr weggenommen waren. So wurde Christus, unser Hoherpriester, zu unserer Rechtfertigung von den Toten auferweckt (Röm 4:25).

Der Gläubige darf wissen, dass seine Sünden von dem Herrn Jesus am Kreuz getragen wurden (1Pet 2:24). Gott hat Ihm das gerechte Gericht für diese Sünden gegeben. Infolgedessen wurden sie ausgelöscht und weggetan. Die ganze Hitze seines Zorns über diese Sünden ist über seinen Sohn hinweggegangen. Deshalb lässt Er seinen Zorn nicht ewig auf dem reuigen Sünder ruhen, sondern vergibt ihm und segnet ihn.

In einem Gespräch mit jemandem, der dem Irrtum Allversöhnung anhängt, wurden diese Verse von ihm als Beweis dafür angeführt, dass Gott jeden rettet. „Denn“, so behauptete er, „Gott ist barmherzig und gnädig, geduldig und groß an Güte, und Er trägt nicht in Ewigkeit nach“. Diese Art der Bibelauslegung ist eine große Täuschung mit fatalen Folgen.

Wir werden vor einer solchen „eigenen Interpretation“ bewahrt, wenn wir verstehen, dass das Handeln Gottes in diesem Psalm durch das Fest des Versöhnungstages in 3. Mose 16 veranschaulicht wird. An diesem Tag wird etwas mit zwei Böcken gemacht. Der erste Ziegenbock wird geschlachtet. Das bedeutet, dass die Ehre Gottes wiederhergestellt wird. Das ist es, was der Herr Jesus getan hat. Auf dieser Grundlage kann allen Menschen Versöhnung angeboten werden.

Der zweite Bock wird in die Wüste geschickt, nachdem der Hohepriester die Sünden Israels bekannt hat, indem er seine Hände auf den Kopf dieses Bocks legte. Dies tat auch der Herr Jesus, indem Er die Sünden eines jeden Menschen auf sich nahm, der seine Sünden bereute und sie Gott bekannte. Dies bedeutet Stellvertretung, d. h. die Vergebung der Sünden findet tatsächlich nur für jeden Menschen statt, der seine Sünden mit Reue vor Gott bekennt. Nur diejenigen, die glauben, erhalten Vergebung der Sünden, denn nur von ihnen sind die Sünden durch das Opfer Christi tatsächlich gesühnt. Mit diesen Sünden wurde Er belastet, und über sie empfing Er das Gericht Gottes.

Wir dürfen nicht vergessen, dass David hier als der Mund des treuen Überrestes Israels in der Zukunft spricht. Er preist Gott für die Vergebung seiner Sünden. Er ist sich bewusst, dass seine Schuld vergeben ist. Er weiß, dass sein Leben von der Grube erlöst worden ist. Er erfährt, dass Gott aufgrund der Vergebung nicht ewig zürnt. Er ist befreit von dem Zorn, der jeden unbußfertigen Menschen trifft. Jeder Mensch, der glaubt, dass Christus den Zorn Gottes für ihn getragen hat, wird Gott dafür ewig preisen!

Psalm 103 spricht von einem Menschen, der bereut und Buße getan hat und sich der Vergebung bewusst ist. Was David darin sagt, sagt kein unbekehrter Mensch und wird in der Ewigkeit kein Mensch sagen, der nicht auf der Erde Buße getan hat. Auf der Erde muss Buße getan werden und auf der Erde müssen die Sünden vergeben werden und nicht im Jenseits (Mt 9:6).

Diejenigen, die ihre Sünden bekannt und Vergebung empfangen haben, sind sich zutiefst bewusst, dass es nur Gnade ist, dass Gott ihnen nicht nach ihren Sünden getan und nicht nach ihren Ungerechtigkeiten vergolten hat (Ps 103:10; vgl. 2Mo 34:7). David spricht hier im Plural, „uns“ und „unseren“. Er drückt hier die Gefühle des gläubigen Überrestes aus, der in den Segen des Friedensreiches eingegangen ist. Sie sind dort nicht aufgrund eines eigenen Verdienstes.

Was der gläubige Überrest sagt, gilt in noch stärkerem Maß für den neutestamentlichen Gläubigen. Auch er wird an allen Segnungen des Friedensreiches teilhaben (Heb 11:40). Darüber hinaus ist er mit allen geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern gesegnet. Diese wurden ihm aus reiner Gnade von Gott gegeben, „der reich ist an Barmherzigkeit“ und „wegen seiner großen Liebe“ (Eph 1:3; Eph 2:1-10). Sollten wir Ihm dafür nicht ewiges Lob zollen und jetzt auf der Erde damit beginnen?

Wer kann die Entfernung zwischen der Erde und dem Himmel messen (Ps 103:11)? Es ist eine Entfernung, die für den Menschen unermesslich ist. Niemand war jemals in der Lage, die „Decke“ des Himmels zu entdecken. So unermesslich „hoch die Himmel über der Erde sind, ist gewaltig seine Güte [das heißt chesed, Bundestreue] über denen, die ihn fürchten“.

Alle, „die ihn fürchten“ – dieser Ausdruck kommt dreimal im Psalm vor (Ps 103:11; 13; 17) – sind Gegenstand der Macht seiner Güte. (Dies ist übrigens ein weiterer Beweis für die Lüge von der Allversöhnung.) Gott hat in ihnen die Furcht, d. h. die Ehrfurcht vor Ihm bewirkt. Es ist alles sein Werk.

Der Überrest preist hier die Macht seiner Güte. Jetzt, da Christus durch das Blut des neuen Bundes das Fundament des Bundes gelegt hat, ist die Macht der göttlichen Güte oder Bundestreue so unendlich groß, dass der Herr Jesus sagen kann: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde“ (Mt 28:18).

In der grenzenlosen Macht seiner Güte hat Gott alle seine Verheißungen gegenüber einem versagenden Volk erfüllt. Er hat sich ihrer auf mächtige Weise gnädig angenommen, während sie das Recht auf alle Verheißungen Gottes völlig verwirkt haben. Seine Macht ist in seinem Sohn, dem Vermittler des neuen Bundes, sichtbar geworden, der alle Bedingungen des Gottesbundes erfüllt hat. Was für den Menschen unmöglich ist, nämlich sich selbst zu retten, vermag Gott zu tun (Lk 18:25-27).

Auch für die Übertretungen des Volkes hat Er in der Kraft seiner Güte gesorgt (Ps 103:12). Übertretungen erfordern Vergeltung. Diese Vergeltung hat Er von seinem Sohn erbeten und erhalten. Christus hat die Übertretungen derer, die an Ihn glauben, Gott gegenüber als seine eigenen bekannt und für sie das Gericht Gottes erlitten (2Kor 5:21). Das bedeutet, dass Gott in denen, die sie bekannt haben, keine Sünde mehr sieht, weil Christus für sie gestorben ist. Er hat den Lohn dafür empfangen (Röm 6:23a).

Der Überrest ist sich bewusst, dass seine Sünden weggetragen sind. Sie weisen auf die Entfernung zwischen ihnen und ihren Übertretungen hin, indem sie auf die Entfernung zwischen „dem Osten“ und „dem Westen“ verweisen. Damit ist keine geografische Entfernung gemeint, sondern eine Entfernung zwischen dem Westen, wo der Opfernde steht, und dem Osten, in den der mit den Sünden des Volkes beladene Bock durch das Osttor Jerusalems in die Wüste im Osten weggeschickt worden ist. Der Ziegenbock wird in einer abgelegenen Wüste freigelassen und kehrt nie wieder zurück. Dass die vergebenen Übertretungen niemals zurückkehren werden, um sie heimzusuchen, wird auch in anderen Versen der Heiligen Schrift bestätigt (Jes 38:17b; Jer 50:20; Mich 7:19; Heb 8:12).

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