Psalms 11:4

4JHWH, [der] in seinem heiligen Tempel (Palast) [ist], (JHWH ist in seinem heiligen Tempel; ist JHWH in seinem heiligen Tempel?)JHWH, [der] im Himmel seinen Thron [hat] (JHWHs Thron ist im Himmel; ist JHWHs Thron im Himmel?) -
der in seinem heiligen Tempel ist + der im Himmel seinen Thron hat - erklärlich durch einen faszinierenden Aspekt des altorientalischen Götterglaubens: JHWH und andere Götter hatten nach der Vorstellung ihrer alten Verehrer klar einen Körper, waren also nicht „reiner Geist“. Sie waren aber nicht an diesen ihren eigentlichen Körper gebunden, sondern konnten sich sozusagen „aufsplitten“ und zusätzlich auch andere Orte, Kultbilder, Gebäude etc. zu „Zweit-körpern“ erwählen. „Der Psalmist glaubt in Übereinstimmung mit einem Denkschema, das sich auch anderswo im Alten Orient findet, dass Gott physisch sowohl an einem Ort auf der Erde als auch im Himmel anwesend sein konnte.“ (Sommer 2009, S. 44 zu Ps 20; zu Ps 11,4 vgl. S. 235 FN 22).

Seine Augen blicken,
Seine Augen blicken - das Objekt auch dieses Satzes sind die „Menschenkinder“. Die Aneinanderreihung zweier alternativer Ausdrücke für dieses blickende Prüfen soll die Aussage noch steigern und emphatischer machen.
Seine Augen
Augen - hier wird ein anderes Wort für „Augen“ verwendet als in Zeile c. Früher wurde es oft mit „Augenlider“ oder „Wimpern“ wiedergegeben, aber vgl. Dahood 1969, S. 351f. u.a.: Alternativer Begriff für „Auge“. Sinnvoll EÜ, LUT, MEN, PAT, R-S, SLT, TUR, van Ess, ZÜR: „Seine Blicke prüfen die Menschenkinder“.
prüfen die Menschensöhne.
V. 4 - Ein sog. „Casus pendens“ mit einem starken rhetorischen Effekt: Im Heb. kann ein Wort oder Satzglied (hier: die ganzen Zeilen a und b) von seiner „eigentlichen Stelle“ im Satz an den Satzanfang verschoben und dann an dieser seiner eigentlichen Stelle durch ein Pronomen vertreten werden (hier: das „seine“ vor „Augen“). Eigentlich also: „Die Augen JHWHs, der im Tempel ist, prüfen...“Auf diese Weise beginnen beide Strophen mit dem Wort „JHWH“, der Psalmist kann das Wort „JHWH“ seinen Gegenrednern in V. 4 zweimal wie einen Vorwurf entgegenschmettern, bevor er zu seiner eigentlichen Aussage kommt, und Gottes Gegenwart in seinem Tempel im Zion kann noch mal gesteigert werden mit seinem himmlischen Thronen, wie auch das „blicken“ noch mal durch „prüfen“ gesteigert wurde. „Ihr Würmer wagt es, JHWH die Stirn zu bieten? Dem auf dem Zion, dem im Himmel? Ihm, der die Menschenkinder sieht, der sie prüft!?“


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