‏ Psalms 67

Kapitel 67

Die größte Hürde zum Verständnis von Psalm 67 ist die Interpretation der 14 Imperfekte (hier als Konjunktive oder mit „sollen“ übersetzt). 7a wurde häufig zum Anlass genommen, den Psalm als Erntedanklied einzuordnen (Gunkel, Mowinckel, Kraus, Beyerlin), doch seine Form steht dem entgegen. Es ist am besten, den Psalm in seiner überlieferten Textgestalt ernst zu nehmen, anstatt ihn von einer vorher bestimmten Gattung her zu interpretieren. So ernst genommen, fallen schnell zwei gravierende Probleme auf, die den Schlüssel zum Verständnis seiner Botschaft bilden: # Obgleich offenbar in einer Erntedanksituation entstanden, ist der Psalm alles andere als ein Erntedankpsalm. # Der Verfasser ruft in Vv. 4-6 alle Völker zum Lob Gottes auf, weil er sie souverän regiert (Vv. 3.5). Aber das wird ihnen schwer fallen, weil sie sich dieses Gottes und seiner gerechten Herrschaft in keiner Weise bewusst sind. Die Erklärung: Viel wichtiger als der reine Dank im Angesicht des empfundenen Segens ist dem Psalmisten, dass alle anderen Völker Gott ebenfalls erkennen (3) – und daraufhin verehren (4-6.8). Allen Grund dazu hätten sie seiner Meinung nach ja (Vv. 3.5)! Seine Dankbarkeit sieht also prinzipiell nicht nur ihn selbst, sondern ist auf das Wohl anderer ausgerichtet. Doch wie loben, wovon sie nichts wissen? Hier kommt Israel ins Spiel. Durch den greifbaren Segen, den Israel erfährt, sollen alle Völker Gott erkennen, so wünscht er sich zu Beginn (2-3). Nur dadurch wird die Verehrung Gottes auf der ganzen Welt möglich (4-6). Am Ende bringt er sein Anliegen auf den Punkt: Gott solle Israel weiter segnen, damit so alle Welt ihn verehrt (7-8). Vor der universalen Verehrung Gottes muss also zuerst seine Erkenntnis kommen - für die Israel zuständig ist. Damit hat der Psalm eine ungewöhnlich missionarische Ausrichtung (Zenger, Tate).
Besonders hilfreich für die strukturelle Erfassung des Psalms sind die Aufsätze E. Talstra/C.J. Bosma, Psalm 67. Blessing, Harvest and History (CTJ); P.J. Botha, Psalm 67 in its Literary and Ideological Context (OTE) und der Kommentar von F. Hossfeld/E. Zenger (HThKAT) 32000. Verwiesen sei auch auf die Monographie von W. Beyerlin, Im Licht Der Traditionen. Psalm Lxvii und Cxv. Ein Entwicklungszusammenhang, 1992.
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[Status: Sehr gut]
Für den obersten Musiker (Chorleiter, Dirigenten, Aufseher, vorzusingen)
Für den obersten Musiker Manche Übersetzungen verstehen dieses Wort als Anweisung, den Psalm vorzusingen (LUT, GNB).
. Mit Saiteninstrumenten (fröhlicher Musik, Zupfinstrumenten)
Mit Saiteninstrumenten (fröhlicher Musik, Zupfinstrumenten) Das Wort heißt etwa „fröhliche (in anderen Kontexten: spottende) Musik, die auf zu zupfenden Saiteninstrumenten gespielt wird“, bezeichnet in Psalmentiteln aber die Instrumente an sich (BDB 618.3; TWOT 1292.1; DBLH 5593; Kraus 21962, XXIV).
. Ein Psalm (begleitetes Lied). Ein Lied.
2Gott sei uns gnädig (erbarme sich über uns, sei uns wohlgesinnt) und segne uns! Er lasse sein Gesicht bei (auf, über) uns scheinen
Er lasse sein Gesicht bei (auf, über) uns scheinen Das leuchtende Angesicht symbolisiert Gottes Wohlwollen. Der Psalmist beschreibt Gott dabei im übertragenen Sinn mit menschlichen körperlichen Eigenschaften (anthropomorphe Metonymie). Hier wird darum gebeten, dass Gott „sein wohlwollendes, heilwirkendes Angesicht »bei« Israel […] aufscheinen“ lässt, so dass diese „Gabe des gesegneten Lebens als sichtbares Zeichen der Gegenwart Gottes in dieser Welt wahrgenommen werden kann. […] Der Psalm bittet darum, dass JHWH sein gesegnetes Volk Israel zum Segens- und Friendensmittler der ganzen Welt machen soll“ (Zenger 2000, 238–239). Einige Übersetzungen interpretieren: „blicke uns freundlich an“ (GNB), „May he smile on us“ („Möge er über uns lächeln“, NET).
,
, f ,
Vers 2 ist eine freie Wiedergabe des "aaronitischen Segens" aus Num 6,24-26. Dieses bekannte Gebet wurde vermutlich beim Gottesdienst im Tempel häufig vorgetragen (Talstra/Bosma, Psalm 67. Blessing, Harvest and History, 311). Der Autor gibt hier nur die Teile des Gebets wieder, die Gottes Segen für den Betenden einfordern.
– Sela –

3damit (dann) auf der Erde (im Land) dein Weg
dein Weg Dieser „Weg“ Gottes kann Verschiedenes bedeuten. In Bezug auf Gott selbst sind es manchmal Gottes Absichten und Pläne (Ps 10,5; 18,31; 103,7), häufiger aber Gottes offenbarter Wille für den Einzelnen oder das Volk (Ex 32,8; Ps 18,22; 25,4.8.9; 27,11; 37,34, etc.; THAT,  דֶּ֫רֶךְ Weg, 459). Für das Verständnis an dieser Stelle ist besonders interessant, dass V. 5 diesen „Weg Gottes“ zumindest teilweise für den Leser zu erklären scheint. V. 5 beschreibt Gottes ordnendes Wirken in der Welt. Auch die „rettende Kraft“ (V. 3b), im Parallelismus dem „Weg“ gegenüber gestellt, drückt einen Aspekt von Gottes „Weg“ aus.
erkannt [wird], unter allen Völkern (Nationen)
Völkern (Nationen) In diesem Psalm kommen alle drei hebräischen Wörter für „Volk“ vor. Der Autor bringt damit seinen Wunsch zum Ausdruck, dass die gesamte Menschheit Gott preisen und d.h. als ihren Gott anerkennen soll (TWOT, 1069a  לְֹם ). Das wird im letzten Vers sehr deutlich. Die drei Wörter sind  עַמִּים und  לְאֻ֫מִּים (V. 5a.c), die beide einfach „Völker“ bedeuten, und  גּוֹיִם (V. 3b), das im Plural häufig (heidnische) Völker in Abgrenzung zu Israel bezeichnet. Hier meinen wohl alle drei dasselbe. Die ELB unterscheidet etwas künstlich „Völker“ ( עַמִּים ), „Völkerschaften“ ( לְאֻ֫מִּים ) und „Nationen“ ( גּוֹיִם; SLT unterscheidet stattdessen „Völker“, „Nationen“, „Heidenvölker“). Um deutlich zu machen, welcher Begriff wann verwendet wird, wurden in V. 3 und 5 entsprechende Klammern ergänzt.
deine rettende Kraft (Hilfe, Rettung, dein Eingeifen, Heil)
deine rettende Kraft (Hilfe, Rettung, dein Eingeifen, Heil) So wie V. 5 Gottes „Weg“ (3a) genauer beschreibt, erklärt der Verfasser in V. 7-8 Aspekte von Gottes „rettender Kraft“. Sein Heilshandeln kommt einerseits in Form der ertragreichen Ernte zum Ausdruck. Sie war im Bund zwischen Gott und Israel ein konkretes Zeichen von Gottes Wohlwollen. In Lev 26,4-5.10; Dtn 28,4.11-12 ist sie Teil des Segens, den Gott für Israels Bundesgehorsam verspricht. Andererseits äußert sich Gottes Heilshandeln darin, dass auch die anderen Völker ihn erkennen werden. Israel als Folge der Segnung Israels, als der höchsten Form des geistlichen Segens.
.

4[Die] Völker sollen (mögen, werden) dich preisen (bekennen, dir danken)
preisen (bekennen, dir danken) Die eigentliche Bedeutung der Wurzel ist „(jmdn./etw.) anerkennen“, „(etw.) bekennen“. Viele Übersetzungen geben das Wort mit „danken“ wieder. Es wird im AT allerdings an keiner Stelle für zwischenmenschlichen Dank verwendet; die Bedeutung ist viel weiter. Die am häufigsten passende, hier wohl beste Übersetzung ist „preisen“ – wobei das häufig als dankbare Reaktion auf eine Tat Gottes erfolgt (THAT  ידה, TWOT 847).
, Gott,
[die] Völker sollen (mögen, werden) dich preisen {sie} alle!

5[Die] Völker (Völkerschaften) sollen (mögen, werden) sich freuen und singen, denn du richtest (wirst richten) [die] Völker gerecht ([mit] Gerechtigkeit)
gerecht ([mit] Gerechtigkeit) Einige Übersetzungen und Kommentare formulieren „Geradheit“ (Zenger 2000, Buber/Rosenzweig, REB, Alisa Stadler) oder „Geradlinigheit“ (BiGS), doch das erscheint „überwörtlich“. Das Substantiv/Adjektiv heißt in anderen Kontexten „Ebene“ oder „Geradheit“ und bezeichnet hier die unfehlbar aufrichtige Art und Weise, in der Urteile gefällt werden (TWOT 930). Der Begriff erinnert an Gottes Eigenschaft als gerechter Aufrechterhalter der schöpfungsbedingten Weltordnung, in der er so richtet, dass diese Ordnung wieder hergestellt wird (Zenger 2000, 238f.). S.a. Ps 9,9; 96,10; 98,9.
, und [die] Völker (Völkerschaften) auf der Erde (im Land) führst (geleitest, regierst; wirst führen) du {sie}.
Die zweite und dritte Zeile des Verses (5bc) stellen zwei Aspekte von Gottes „Weg“ (3a) dar – sie erklären also, warum Gott Lobpreis zusteht, nachdem die Völker seine Herrschaft erkannt haben. Dieses Anliegen durchzieht den ganzen Psalm. Vgl. Fußnote f.
Sela

6[Die] Völker sollen (mögen, werden) dich preisen (bekennen, dir danken), Gott, [die] Völker sollen (mögen, werden) dich preisen {sie} alle!

7[Das] Land ([die] Erde) hat (gibt) seinen Ertrag (ihre Frucht) gegeben. n Es segne uns (segnet uns; wird, möge uns segnen) Gott, unser Gott!
[Das] Land hat seinen Ertrag gegeben. Es segne uns Gott, unser Gott! An den Klammern im Fließtext ist zu erkennen, dass sich die beiden Verben auf viele verschiedene Weisen übersetzen lassen. Manche Übersetzungen setzen die beiden Aussagen bewusst in Beziehung, etwa: „Die Erde gab ihren Ertrag. Gott, unser Gott, segnet uns.“ (so GNB, NASB, HCSB). Die NRSV übersetzt V. 7 ganz vergangen („gab Ertrag/hat gesegnet“) und die wiederholte Segensaufforderung in V. 8a als „May God continue to bless us“ („Möge Gott uns weiterhin segnen“; TNIV ähnlich).
,
p

Es segne uns (möge, wird uns segnen, segnet uns) Gott, so dass (damit, und) alle Enden der Erde (die ganze Welt) ihn fürchten
fürchten (Hebr.  יָרֵא steht hier für religiöse Verehrung (vgl. Ps 33,8; 34,10; 47,3; 64,10 u.a.) (TWOT 907). Die Gemeinde Israels wünscht sich beim Gebet dieses Psalms, dass die gesamte Menschheit Gott anerkennt. Aus der Erkenntnis von Gottes „Weg“ (3a) sollen nach ihrem Wunsch (Ehr)Furcht vor seiner Macht und Unterordnung unter seinen Willen entstehen – und am Ende Lob (4-6). „Furcht“ vor Gott ist nur ein Aspekt seiner Anbetung in Ps 67. Der andere ist das Lob (4-6). Die zweite Zeile des Verses könnte man auch so übersetzen: „und alle Enden der Erde sollen (mögen, werden) ihn fürchten“
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