2 Timothy 1
Text: 2.Timotheus 1,1-5 Der zweite Brief an den Timotheus Einleitung Die zweite Epistel an den Timotheum wird insgemein für Pauli letzte Schrift aus seiner zweiten Gefangenschaft von Rom aus, gehalten, das er sein nahes Ende vor sich sah (Kap. 4, 6) , und deswegen Timotheum noch einmal sehen und sprechen mochte; weil das aber ein Wunsch war, gegen welchen Timotheus viel Bedenkliches hätte haben mögen, so bringt der Apostel dies verlangen: Komme du zu mir, gar bedächtlich und mit aufsteigendem Liebesernst an den Timotheum, damit es ja desto eher guten Eingang finden möchte. Text: 2.Timotheus 1,1-5 Aus diesem Grund fängt er gleich an, dem Timotheo Alles in das Angedenken zu bringen, was die langwierigen und von den Eltern und Voreltern her bestätigten Verbindungen zwischen Paulo und Timotheo nur immer Herzliches an Hand gab. Paulus hatte dem Timotheus einen Antrag zu machen, der diesem lebensgefährlich vorkommen konnte; deswegen gedenkt er sogleich der Verheißung des Lebens in Christo JEsu, an deren und ihrer Ausführung zum Besten vieler Anderer zu dienen, wir für Gewinn, und dabei auch selbst unser Leben nicht teuer achten sollen (Kap. 2, 10 ; Tit. 1, 1-2) . Mit der Ansprache: meinem lieben Sohn Timotheus, legt Paulus schon ein starkes Liebesseil an, und bringt ihm einen merklichen Zug bei. Wie getrost ist Pauli Herz. DA es um ihn herum im Äußerlichen so kümmerlich aussah, so weiß er doch Etwas aufzusuchen, daß ihm Anlaß zum Danken geben konnte, nämlich den ungeheuchelten Glauben Timothei und seiner Mütter. Denn so hängt die Rede zusammen: ich danke GOtt, wenn ich eine Anmahnung bekomme an den ungefärbten Glauben. Abraham, Isaak und Jakob, waren unter dem Namen der Väter bei ihren gläubigen Nachkommen in gesegnetem Angedenken; wenn sie aber von Voreltern sagten, so verstand Jeder seine nächsten Vorfahren, von welchen er herstammte. Bei den holdseligen Stimmen, womit GOtt je und je einen seiner Pilgrime und Bürger zu Grab rief, floß das insgemein auch mit ein: Du sollst zu deinen Vätern, zu deinem Volk versammelt werden (1.Mo. 15, 15 ; 2.Kön. 22, 20) , und so hat noch für Jeden, besonders gegen das Ende seiner Wallfahrt hin, das Angedenken rechtschaffener Voreltern gar etwas Liebliches. Auch hierin liegt einige Anzeige, daß diese Epistel wie Pauli Schwanengesang anzusehen ist. Von seinem Verlangen, ihn zusehen, tut Paulus die erste sanfte Anregung, und rückt dann im Folgenden immer weiter damit heraus. Tränen konnte es bei jenem Abschied (Apg. 20, 37) , auch von Seiten Timothei, oder bei einer anderen namhaften Gelegenheit, wie 1.Tim. 6, 12 , gegeben haben; es kann aber auch überhaupt Timothei weiches Herz, das ihm beständig anzuspüren war, das ernstliche Gesuch dessen, was JEsu Christi war, worin er so gar Pauli Sinn hatte (Phil. 2, 10) , und mithin auch nach Pauli Art (Apg. 20, 19) , GOtt gern diente mit aller Demut und mit vielen Tränen, dem Apostel im Sinn gelegen sein. Wie gar andere Stücke lobt man jetzt an jungen Männern, aus was für ganz anderen Kennzeichen schätzt man eines Mannes Amtsbrauchbarkeit, als aus Tränen und Weichherzigkeit. Aber wie wird die Welt noch erfahren, was für eine Brut sie zieht. Unter der Sorgfalt seiner beiden Mütter hat Timotheus von Kind auf die Heilige Schrift gelernt (Kap. 3, 15) , um so erquicklicher konnte auch ihm das gute Zeugnis sein, das der Apostel ihrem innewohnenden, also bleibenden und gewurzelten, ihrem ungefärbten, also an GOtt, der ins Verborgene sieht, hängenden Glauben beilegt. Text: 2.Timotheus 1,6-8 Aus Veranlassung dieses bei Timotheo durch seine gottseligen Mütter frühzeitig gelegten guten Grundes weckt ihm nun der Apostel weiter das Ohr, und leitet ihn an, daß er nach Art seines lieben Heilandes, der sich in jüngeren Jahren alle Morgen das Ohr wecken ließ, und von seinem himmlischen Vater lernte, also er sich auch gegen alle zum Müdwerden ansetzende Versuchungen mit der ihm nicht unbekannten Kraft GOttes waffnen möchte. Erinnern darf man einem ja nicht übel nehmen, es ist ja nicht allemal eine Wirkung eines besonderen Mißtrauens, sondern nur eines Gemerks auf unseren Zug durch die Versuchungswüste; und hier floß es aus gar herzlicher Liebe, zärtlichem Angedenken an die schon von längerem her gehabte Glaubensgemeinschaft, und an das dabei oft beobachtete weiche herz, des anderen Teils. Unter der Gabe GOttes, die in Timothei war, lag freilich ein lebendiger Geist, doch war das Erwecken dabei nicht überflüssig. Ließ sich ja unser lieben Heiland, so lange Er im Fleisch unter uns wohnte, alle Morgen das Ohr wecken (Jes. 50, 4) . Was will uns bei der uns immer anklebenden und trägmachenden Sünde gebühren, wenn uns weder inneres Nachlassen, noch auch eine Zaghaftigkeit über die Äußerlichen Umstände (V. 8) gefährlich werden soll. Gegen Beides liegt aber Kraft in der Gnadengabe GOttes. - Der Handauflegung hatte Paulus gegen Timotheum schon 1.Tim. 4, 14 gedacht. Hier sagt er ihm: Der Geist, den uns GOtt gegeben hat, ist nicht ein Geist der Furcht. Dergleichen Mißverstand muß oft vorgebeugt werden. Der Heiland selbst sagt schon so: Nicht gebe Ich euch, wie die Welt gibt (Joh. 14, 27) , und Paulus: Wir haben nicht empfangen den Geist der Welt (1.Kor. 2, 12) ; wir haben nicht einen knechtischen Geist empfangen (Röm. 8, 15) . Wenn es freilich der Geist GOttes allein wäre, der auf unser Herz, dessen Gedanken, Liebe, Mut oder Furcht wirkte, so wäre es leichter; aber so kommt immer eine Not dazwischen, daß man es prüfen, von eines fremden Stimme unterscheiden muß. Die furcht, oder das Ermüdende, am Leiden Verdrossene, kommt freilich zunächst aus dem Fleisch; aber weil das Fleisch seine fleischlichen Anschläge und Sorgen zu verbergen, und seinem Angeben einen geistlichen Schein anzustreichen weiß, daß es sich als eine feine Klugheit, als eine nötige Vorsicht hinstellt: so kann es doch ein Geist der Furcht heißen, und wer sich davon einnehmen läßt, der kommt in eine Enge, wobei man sich lauter dornige Wege und unüberwindliche Schwierigkeiten vorstellt, und darüber zu nichts kommt. Aus einer solchen herrschenden Furcht muß man ja keine Tugend machen, eine solche herrschende Denkungsart macht vielmehr die meisten Mietlinge in allen Ständen, man sieht den Wolf kommen, man sieht Schwierigkeiten, man besorgt Widerstand, Verdruß, Lästerung, die man sich über der Wahrheit zuziehen könnte; daher kriecht man in die Scheue zurück; meint freilich oft, man können sich mit seinem Temperament, Neigung zur Stille zc. Entschuldigen. Aber nein, GOtt hat es uns nicht so gegeben. Gegen die Versuchung vom Temperament hat Er uns ja den Geist der Kraft gegeben, der erweist sich geschäftig zur Glaubenskraft, zur Kraft der Gottseligkeit, zur Gebetskraft, zur Geduld, die vollkommen Werk hat. Daß einem das von GOtt gegeben sei, muß man sich ja nicht streitig machen lassen; den es wollen oft falsche Brüder eindringen, die einem wie Eliab dem David seinen Glaubensmut für Vermessenheit ausdeuten (1.Sam. 17, 25) , und ihn so dämpfen wollen; wogegen aber Davids Verteidigung die kürzeste und beste ist: Was habe ich denn nun getan? Ist es mir nicht befohlen? - Vom Geist der Kraft ist unzertrennlich der Geist der Liebe und der Zucht. Die Kraft macht männlich und stark, die Liebe zärtlich und sorgfältig, die Zucht demütig und bescheiden. Der Geist der Kraft hat im Dienst GOttes, zur Bekenntnis der Wahrheit, sein meistes Geschäft, die Liebe bemüht sich redlich um den Nächsten, und die Zucht bewahrt vor dem eigenen Geist, und vor Allem, was zu viel ist, oben hin führt und das Seine sucht. Wer über der empfangenen Kraft nachgehends der Liebe, der Demut, der Zucht vergessen wollte, der könnte ein Schwärmer werden; wer nur immer von Liebe, Mäßigung, Klugheit spräche, und darunter den Geist der Kraft dämpfte, könnte zu einem in JEsu Mund ekelhaften Lauen werden. GOtt gibt und will keine Tollkühnheit, sondern eine unter der Zucht stehende Kraft, keine läppische Liebe, sondern eine mit Beweisung des Geistes sich dem Nächsten zur Besserung gefällig machende Art; einen bei der Zucht sich nicht selbst ausschüttenden Geist. Mit der ausgetriebenen Furcht weicht auch die schädliche Scham, die sich einer guten Sache entzieht. Ehemalen warnte der Heiland, daß man sich Seiner und Seiner Worte nicht schäme. Jetzt ist seine Person entrückt auf den Thron der Ehren; aber sein Wort, und das Zeugnis von Ihm, und Alles, was daraus erwachsen soll, ist unter der Menschen noch gelassen; wie sich Jemand gegen diesem verhält, so hätte er sich ehemalen gegen JEsu eigener Person verhalten. Darum wird die Bewahrung seines Worts, oder die Trägheit und Falschheit, die sich seines Zeugnisses schämt, so hoch angerechnet. "Unser Herr", ist sonst so eine Hofsprache, mit welcher manche ungebührliche Menschenfurcht eingejagt wird. "Unser HErr", kann aber auch die Glaubenssprache werden zu Austreibung aller ungebührlichen Furcht. Neben dem Zeugnis JEsu aber hat auch ein Jeder seine Zeitgenossen, die ihm zur Prüfung hingestellt sind, und wo unser Verhalten gegen sie viel auf GOttes Denkzettel austrägt. Man sehe Offb. 2, 13 . Jeder frage sich: Halte ich es zu meiner Zeit redlich mit denen, die am meisten über dem Zeugnis unseres HErrn halten, kämpfen, leiden? Ein alter Paulus kann oft noch Anlaß bekommen, einen sonst mit ihm so einstimmig gewesenen Timotheo, so ein Wörtlein hinzuschieben: Du wirst dich mein doch nicht schämen! Text: 2.Timotheus 1,9-11 Der Apostel zeigt, warum das Zeugnis von Christo wohl verdiene, daß man sich seiner nicht schäme, sondern daß Jeder in den Weg des Leidens, auf welchem unser Heil erfunden worden ist, auch bei der Ausführung desselben an sich, getrost eintrete, und das Leiden auch darin nicht scheue, worin er Anderen zum Heil behilflich sein soll. Wer sich dem Evangelio und dessen tapferer Bekenntnis entzieht, der versäumt damit auch seine Seligkeit. Denn es ist ein Evangelium von unserer Seligkeit, wer will aber entfliehen, so er eine solche Seligkeit nicht achtet (Heb. 2, 3) ? Wer es aber annimmt, der gelangt dadurch zum Heil, und erfährt an sich eine Kraft GOttes, der ihn selig gemacht, errettet, herausgerissen hat; und wenn er darüber nachdenkt, wie es zugegangen, und wie GOtt an ihn gekommen sei, so muß er dem Apostel mit Verwunderung nachsprechen: GOtt hat uns berufen. GOttes Züge, die Stimmen des suchenden und auf Seligmachen des Verlorenen ausgehenden Hirten macht überall den Anfang. Auf die Stimme Dessen, der mit ihm redete, setzte Paulus viel in seiner Bekehrung (Apg. 22, 7-9 ; 26, 14) . Dieser Ruf GOttes heißt ein heiliger Ruf, weil er ganz nach GOttes Rat und Gedanken abgefaßt ist, und uns ganz zu GOttes Eigentum auffordert; darin also auch Alles, was GOtt den Heiligen aufgibt verfaßt ist (Judas 3) , und Alles enthält, wie GOtt die Gleichheit mit dem Ebenbilde seines Sohnes, unter Gemeinschaft seiner Leiden und Ähnlichkeit seines Todes, bis zum Gleichwerden in der Auferstehung an Jedem ausführen wolle. Wie wenig hat sich Paulus mit Allem, was in der Zeit seiner Unwissenheit vorkam, zu demjenigen angeschickt, was nachmals durch Gnade des Berufers aus ihm werden sollte; wie deutlich zeigte es sich also, daß es nicht nach seinen Werken (Tit. 3, 5), sondern nach GOttes Vorsatz und Gnade ergangen sei; auf die man aber erst mit Zufriedenheit zurücksehen kann, wenn es uns durch den Beruf aufgeschlossen ist, und uns beim erwiesenen Gehorsam nun Alles, was von GOtt kommt, lieb und annehmenswert ist. Je mehr der Mensch noch mit irgend einem Teil seines Herzens am Vertrauen auf seine werke hängt, je scheuer ist er, an GOttes Vorsatz zu gedenken; je lauterer er aber an der Gnade hängt, je erquicklicher ist es ihm, diese Gnade so als tief im Vorsatz GOttes gegründet zu wissen. Von einer in dem Vorsatz GOttes gefaßten Gnade sagten wir eher, sie sei uns zugedacht und bestimmt; der Apostel aber sagt nachdrücklicher: Gegeben in Christo JEsu vor der Zeit der Welt, weil der künftige Mittler zwischen GOtt und den Menschen schon da gewesen ist, und in unserem Namen den ganzen Vorsatz GOttes und die Schätze seiner Gnade in Empfang nehmen konnte. Der Grund unseres Heils lag schon vor der Zeit der Welt, wie er auch unbeweglich steht, wenn Erde und Himmel untergeht. Den ersten Aufschluß von seinem Vorsatz und dessen gnädigem Inhalt tat GOtt schon im Wort der Verheißung, weil aber im Vorsatz GOttes auch zu Allem seine eigenen Zeiten bestimmt waren, so ging viel darauf, die Welt zum Glauben vorzubereiten, und dann erst bei der Erscheinung unseres Heilandes JEsu Christi die Sonne der Gerechtigkeit so einzuführen, damit davon alle Weltzeiten beleuchtet, und die Zeiten des Wartens auf die erste Erscheinung, und nun unseres Wartens auf seine Offenbarung in der Herrlichkeit ziemlich gleich ausfielen. Dem Tod die Macht zu nehmen, Leben an das Licht bringen, kann man für die Haupstücke rechnen, auf die es bei der ersten Erscheinung ankam. Denn unser lieber Heiland kam in die Welt, nicht darin zu ruhen und zu herrschen, sondern zu leiden und zu sterben, eben aber damit den Tod und alle, durch seine Furcht bisher ausgeübte Macht abzuschaffen, und Er wurde wieder lebendig, auferweckt und in das himmlische Wesen versetzt, um die Hoffnung zum Leben und unvergänglichen Wesen auch über uns zu bringen. Darum muß man es als Gnade erkennen, weil es aus einer solchen Tiefe und Finsternis an das Licht, aus einer solchen, vom Tod über uns ausgeübten Macht, in das Leben gebracht werden mußte. In Richtigkeit vor GOtt kam es durch seine Erscheinung, und durch Alles, was Er in selbigem ganzen Lauf durchmachte. Aber zu unserer Kundschaft und Genuß kommt es nun durch das Evangelium, und diesem Amt der Versühnung ein Amt aufzurichten, oder Prediger zu setzen, ist auch ein wichtiger teil von GOttes Vorsatz und Gnade. Im Vertrauen darauf könnte man mit dem Evangelio als ein Prediger frei und fröhlich als mit einer an das Licht gebrachten Sache handeln, als ein Apostel die ganze Welt dabei in Anspruch nehmen, als ein Lehrer aber mit aller Geduld und Weisheit verfahren, und an einem jeden Menschen anhalten, bis man ihn vollkommen dargestellt in Christo JEsu. HErr JEsu, erfülle mich mit Deiner Lebenskraft, damit ich mich des Zeugnisses von Dir rechtschaffen annehme. Text: 2.Timotheus 1,12-14 Paulus bezeugt dem Timotheo den Grund seiner Freudigkeit, sich des Evangelii bis an die Bande und in den Tod mutig anzunehmen, und fordert ihn auf, gleiche Treue an die Bewahrung dieser teuren Vorlage zu wenden. Daß einem die tiefe Ursache seines Leidens recht in das Licht gesetzt werde, und im Gewissen unverdunkelt bleibe: daran ist sehr viel zur ausharrenden Geduld gelegen. Man sehe Joh. 15, 21 ; 16, 3 wie der Heiland seinen Jüngern hierin zur Hilfe gekommen ist. Die Welt, oft auch unsere Freunde, wie des Hiobs, möchten einem ganz andere Überschriften auf das Kreuz heften; selbst das eigene Herz will einem abstehen, und einen bereden, man habe es sich selbst zugezogen, so und so hätte man ausweichen können. Aber der Geist Christi hilft einem wieder auf das rechte Darum. Unter der Andichtung anderer unlauteren Ursachen möchte man einen dahin treiben, daß man sich der Leiden Christi schämte, sich in die fleischlichen Wege der irdisch gesinnten Menschen zurückzöge, die Alles so einzurichten wissen, daß sie mit dem Kreuz Christi verschont bleiben, und da sitzt es oft tief und wirkt schnell, was einen in eine solche ermüdende Scham vor den Leiden Christi stürzen will; deswegen muß auch das, was selbige auszutreiben vermögend ist, von so durchdringender Kraft sein, als die Versicherung ist, die Paulus tut: Ich weiß, was Andere nicht wissen können, oder mir nicht gern zutrauen, an wen ich glaube. Paulus umgürtet die Lenden seines Gemüts auf die letzten Stunden, auf die Ankunft des HErrn, ihn heimzuholen, und da sieht er auf den vollendeten Lauf, auf den gehaltenen Glauben zurück, und erinnert sich, wie treu er Den bisher gefunden habe, Dem er sich auf seinen heiligen Ruf einmal anvertraut hatte, und seine allererst (V. 10) dargelegte Einsicht in das Evangelium gewährte ihm noch weitere Gewißheit; wobei er sich neben der bisher bewährten Treue, auch auf die fürwährende Macht des HErrn JEsu hinlehnte. Wenn ich also schon nicht weiß, was sich noch vor, in und nach dem Tod an mich wagen, und mit Verklagen mein Heil aufhalten könnte, so weiß ich doch, daß Der, an welchen ich glaube, diesem Allem gewachsen ist (Röm. 8, 34-35) mithin mir meine Beilage bewahren kann. Beilage ist das, was Paulus bei dem an das Evangelium gewonnen Glauben GOtt und seinem Heiland übergeben hat, und woran ER nun die Vollendung des ganzen Vorsatzes GOttes abwartet (1.Petr. 4, 19 ; Luk. 23, 46) . Man stelle sich Paulum in der nahen Erwartung seines Abschieds vor, und denke wie er sein Vornehmstes zu beraten bedacht ist, das Eine als eine Beilage in GOttes Hand zu stellen, das Andere dem Timotheo, und durch diesen anderen treuen Händen zu überlassen. Die Schrift bezieht sich gern auf jenen Tag, schließt aber damit auch noch alles Frühere ein, was noch vorfallen könnte. Vorbild heißt, was uns von verständigen Händen vor die Augen gemalt worden, mit was man selbst im Herzen stets beschäftigt sein, und woraus man auch zum Wandeln nahes Licht und Rat schöpfen kann, was Glauben in das Herz bringt, der durch die Liebe tätig ist, und wobei alle Gottseligkeit aus Christo JEsu hergrünt, das gibt heilsame oder unseren ganzen Schaden heilende Worte. Das Bewahren solch einer guten Beilage ist mit Lesen, Forschen, Predigen, Verteidigen allein nicht ausgerichtet, sondern es braucht einen in uns wohnenden Geist, und gehorsame Befolgung aller Triebe desselben. Text: 2.Timotheus 1,15-18 Timotheus soll sich Einiger böser Beispiele nicht abhalten; Anderer guten Vorgang aber zu wackerer Nachfolge aufmuntern lassen. Wenn eine gute Sache einen Stoß leidet, so ist bald viel Redens davon; daher könnte der Apostel wohl vermuten, es werde bereits vor Timotheo Ohren gekommen sein, wie Viele, die in Rom ihm beizustehen Gelegenheit gehabt hätten, ihn verlassen (Kap. 4, 16),und zwar nicht gerade mit Verleugnung des Christentums sich von ihm abgewandt, aber doch von dem Bekenntnis, darüber sich Paulus bis an die Bande litt, sich entzogen, und aus Kreuzesflucht sich nach Asien gewendet haben. Von ihnen macht er den Phygellus und Hermogenes namhaft, weil man etwa diesen vor Anderen etwas Besseres zugetraut hätte, hält sich aber bei dieser betrübten Materie nicht lange auf, sondern erinnert sich lieber, welchen Ersatz ihm der HErr von einer anderen Seite her dafür getan, und Erquickung bereitet habe. Denn so findet man es immer: man wird unter falschen Brüdern, unzuverlässigen Menschen, lieblosen Richtern so viel geübt, als man zu Läuterung seines Glaubens nötig hat; man wird durch Anderer Liebe und treue so viel erquickt, als einem zur Stärkung des Glaubens gut ist, vor bewiesene Barmherzigkeit findet man auch das Gleiche. Einige schließen hieraus, daß Onesiphorus selbst damals schon in die Ewigkeit gegangen sei, weil der Segen hier, wie Kap. 4, 19 der Gruß, an sein Haus oder Nachkommen gerichtet sei. Man vergleiche 1.Kön. 2, 7 . Man könnte aber auch denken, daß Onesiphorus damals noch zu Rom, oder sonst von Haus abwesend gewesen, und das dem Apostel bewußt gewesen sei. Was könnten wir einander, oft auch ohne alle Unkosten, doch für Erquickung schaffen, wenn wir nur immer im Licht, in der Liebe, unter den Einflüssen des Geistes Christi blieben. Die Beschreibung von Onesiphori Liebe ist so gemacht, daß sie sich am besten auf Pauli erste Gefangenschaft schickt, da er noch mit einer Kette an einen Kriegsknecht angeschlossen, übrigens in seinem eigenen Geding zu bleiben Freiheit hatte; mithin Onesiphorus ihn nicht ohne Mühe in Rom aufzusuchen hatte, woselbst es an Vorwand, so etwas zu unterlassen, oder sich der Ketten zu schämen, nie gefehlt hätte. Wenn Manches, was man in anderer Herren Diensten getan hat, verloren sein wird, wird dieser HErr allein groß, - und was man bei Dem als eine Beilage gut stehen hat, allein sicher sein; Barmherzigkeit vor Ihm zu finden, ist der Inbegriff von Allem, worauf der Glaube wartet (Judas 2) . Bis auf jenen Tag hinaus können wir einander der bewahrenden GOttes = Macht, und seinem alles vergeltenden Aufsehen empfehlen. Da wird sich die Frucht von einem durch die Liebe tätigen Glauben allermeist finden. Zu Ephesus schon hatte auch Onesiphorus Paulo viel gedient, entweder in dessen damaliger Anwesenheit, oder auch inzwischen in Abwesenheit, durch Betreibung des guten Werkes, das daselbst angefangen war, und von diesem letzteren sonderlich konnte Timotheus, als ein Augenzeuge, die meiste Nachricht haben und geben. Barmherziger Vater, laß mich Deine Barmherzigkeit erfahren, und derselben nachfolgen. Des Einen bin ich alle Stunde bedürftig, zum Anderen habe ich alle Stund Gelegenheit!
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