‏ Galatians 2

Text: Galater 2,1-10 Der Apostel beweist ferner aus seinen vorigen Wegen, daß er bei seiner Lehre immer auch den Beifall derer, die vor ihm Apostel waren, gehabt habe, und daß also die Lüge, womit ihn seine Widersacher niederdrücken wollten, keinen Glauben verdiene. Zu seiner abermaligen Reise nach Jerusalem hatte Paulus eine bedächtlich gewählte Gesellschaft an Barnabas , einem aus dem Judentum, einem Erstling in Christo nach Apg. 4, 36 und an Titus einem geborenen Heiden, der auch nicht beschnitten wurde; in Christo aber allzumal Einer nach Gal. 3, 28 . Paulus hatte zu dieser Reise einen Auftrag von der Gemeinde zu Antiochia ( Apg. 15, 2 ), den GOtt aber auf Pauli Gebet hintennach noch mit einer besonderen Offenbarung seines Willens darüber versiegelte. Damals gab es keine besondere Veranlassung, sich über dem Evangelio zu besprechen ; nicht als ein Schüler von Ihnen zu lernen, sondern als ein im gleichen Amt Stehender ihnen seinen Dienst am Evangelium vorzulegen: nicht erst für sich seiner Sache gewiß zu werden, sondern mehr Anderer Widersprechen abzutreiben. Auch was das Ansehen bei Anderen anbetrifft, kann sich ein Mensch nichts nehmen, was ihm nicht von Oben verliehen wird. Paulus kam bei Allem, was ihm GOtt verliehen hatte, und durch ihn wirkte, in kein so allgemeines Ansehen. Er hatte immer mehr Widerspruch gegen sich zu erdulden. Es muß aber für ihn eine notwendige Decke der Verborgenheit gewesen sein. Doch wurde er nicht müde, sondern umgürtete die Lenden seines Gemüts immer zu freudiger Vollendung seines Laufs; und seine Widersprecher brachten es auch nicht dahin, daß seine Amtsfrucht niedergeschlagen würde, oder er vergeblich gelaufen wäre. An Zumutungen wegen der Beschneidung Titi wird es nicht gefehlt haben; aber Paulus ließ sich damit nicht abzwingen, daß es so einen Mißbrauch für die übrigen Gläubigen aus den Heiden hätte geben können. Ein anderesmal gab er bei Timotheo leichter nach. Aber da war Paulus nicht zu blöde, das ungebührliche Eindringen und Einschleichen derer, die einen großen Eifer zu beweisen meinten, aufzudecken, und die unter ihren glatten Worten liegende Absicht in das Licht zu stellen, nach welcher sie auch ein freiwilliges Nachgeben doch würden mißbraucht, und daraus die Notwendigkeit der Beschneidung würden erzwungen haben. Auch an einem einzigen Fall ist oft viel gelegen; und da gibt GOtt seinen Werkzeugen zur Stunde Mut. Es kommt oft Manchen in der heutigen Zeit geschwind an, er wolle so mutig sein, wie Paulus, wie Luther; aber man muß vorher ihren Geist haben. Zur Tapferkeit gehört eine göttliche Kraft. Hätte Paulus nachgegeben, so wäre es bei Allen um die Wahrheit des Evangelii geschehen gewesen. Für die Wahrheit seiner Lehre lag dem Apostel Paulo nichts an denen, die das Ansehen hatten: denn auf deren Beifall beruhte seine Gewißheit nicht. Aber die Übereinstimmung ihres gemeinschaftlichen Wirkens im Dienste des Evangelii und die Genehmigung seines Ganges war ihm doch schätzbar, und gegen Andere brauchbar. O großes Werk GOttes, daß Er die so zerstreuten Menschenkinder doch noch zu so viel Einigkeit unter einander, und die von Ihm abgefallenen Sünder zu solcher Gemeinschaft mit sich bringt! Text: Galater 2,11-16 Paulus bezeugt, wie er bei einer namhaften Gelegenheit die Lauterkeit des Evangelii selbst auch gegen Petri wankendes Verhalten mit Nachdruck behauptet habe. Diese Stelle hat man um so mehr mit Bescheidenheit zu behandeln, als darin von drei auserwählten Rüstzeugen GOttes die Rede ist, denen wir, Einem so wenig als dem Anderen, etwas zur Last legen sollen, und doch auch vor der Wahrheit und ihren sonderbaren Schicksalen das Auge nicht verschließen können. Der Schritt, womit Petrus zu dieser Vorstellung Pauli Anlaß gab, war dieser: Petrus ging anfänglich mit den aus dem Heidentum Bekehrten zu Antiochien ungehindert um, und fand sich auch in ihrer Tischgenossenschaft ein, genoß vielleicht auch Speisen, die nach dem Gesetz Mosis nicht alle erforderliche Reinheit hatten. Als aber von Jerusalem Juden kamen, die zwar auch bekehrt, aber noch strengere Eiferer über dem Gesetz waren, entzog er sich diesem Umgang mit den bekehrten Heiden, aus Furcht, diese Eiferer möchten sich daran stoßen, und ihm damit eine – seinem Eingang unter den Juden schädliche Nachrede machen. Nach diesem Beispiel Petri richteten sich bald auch andere aus den Juden Bekehrte zu Antiochien, und selbst Barnabas handelte hierin gegen seine bessere Überzeugung, und Manche wären bereit gewesen, daraus wieder ihre alte Meinung für die Notwendigkeit, sich beschneiden zu lassen, und das Gesetz Mosis zu halten, auf das Neue empor zu bringen. Da ist nun freilich die Tat selbst und ihre oft unvermuteten Folgen wohl von einander zu unterscheiden. An Petro war es freilich bedenklich, daß, da er selbst anfänglich den Heiden die Tür des Glaubens aufgetan hatte, dazu auch durch eine besondere himmlische Erscheinung ausgerüstet ward, und seine damals gebrauchte Freiheit zu den Heiden einzugehen, so nachdrücklich und gesegnet wider die Judenchristen zu Jerusalem verteidigte, jetzt doch zu einem solchen Schritt kam. Von einer darunter liegenden Heuchelei oder angenommenen Verstellung ist die Tat nicht frei zu sprechen: denn er hatte ohne Zweifel mehr Liebesneigung gegen die Bekehrten aus dem Heidentum, und war auch von der – ihnen durch den Glauben widerfahrenen Reinigung fester überzeugt, als er sich gegen die Gesetzeiferer wollte anspüren lassen. Eben darum aber war der Fehler Petri nicht sowohl ein Fehler in der Lehre, als ein Mangel, die erkannte Wahrheit standhaft durchzusetzen. Er kann dabei die Vermutung gehabt haben, daß, da er in der Notwendigkeit sei, bei einem oder dem anderen Teil anzustoßen, es ihm die Bekehrten aus dem Heidentum weniger verdenken würden, weil sie doch seine vorige Willfährigkeit gesehen hätten, und ihm das nachmalige Entziehen bloß auf Rechnung der Sorge schreiben würden, daß er die Gläubigen aus der Beschneidung nicht ärgern wollte. Paulus aber nach dem in ihm wohnenden unparteiischen Geist GOttes erkannte bald, daß sie von der – sonst erkannten Wahrheit des Evangelii und der daraus fließenden Freiheit keine richtige Anwendung in diesem Fall gemacht hätten, und fand also auch die deshalb ergehende Klage gegründet. Weil Allen daran gelegen war, so handelte er auch öffentlich vor Allen. Er stellt Petro besonders vor, was sein Beispiel und Ansehen auch Anderen für einen Zwang anlege. Und weil auch Barnabas dahin fiel, über seine wirklich lautere Erkenntnis und über seine völligere Liebe gegen alle Menschen eine solche Decke der jüdische Zeremonien herzubreiten, und damit sein Gutes unkenntlicher und weniger brauchbar zu machen; so sieht man wohl, daß Niemand als Paulus im Stand gewesen, hier mit solchem Nachdruck zu handeln. Daß nicht gleich von einer – bei Petro damit geschaffenen Frucht Meldung geschieht, ist nicht zu verwundern. Denn bei aller Bestrafung muß man dem neuen Menschen Zeit lassen sich durchzukämpfen, und die Wahrheit nicht nur einzusehen, sondern auch zu befolgen . Auch war schon genug Frucht geschafft, wenn nur dem Mißbrauch, darein man sonst dies Beispiel hätte ziehen können Einhalt getan ward. Petrus hat lange hernach Paulo ein stattliches Zeugnis gegeben (2.Petr. 3, 15). Daß aus diesem Vorgang aber kein nachteiliger Schluß zu ziehen sei gegen den guten Grund, womit wir der Apostel Wort als GOttes Wort annehmen, sieht man daraus, daß es auch hier nicht Petro an Einsicht der Wahrheit gefehlt, sondern er bei der Anwendung der erkannten Wahrheit meinte, er hätte mehr Ursache, auf die Gläubigen aus der Beschneidung zu sehen. O GOtt! Wenn ich irgend fehle, gib mir einen freimütigen Paulus zum Warnen, und mache mich auf der Stelle oder nachgehends so sanftmütig zum Nachgeben, als Petrus! Text: Galater 2,17-21 Paulus dehnt die an Petrum gebrachte ernstliche Vorstellung nicht in die Länge aus, sondern bricht darin bald ab, führt aber noch die Hauptwahrheit, um deren Beibehaltung es ihm zu tun war, umständlicher aus, und beschließt diesen ersten Teil seiner Epistel mit einer sehr lieblichen Darlegung von dem evangelischen Glaubensgrund, auf welchem er stehe, und bei welchem er auch unverrückt zu bleiben gedenke. Man kann diese und die nächst vorhergehenden Worte entweder noch zu der Vorstellung rechnen, die Paulus dem Petrus getan, oder sie als eine Anwendung ansehen, womit er die Wahrheit in das Allgemeine führen will. Dem Juden will er nichts von seinem Vorzug benehmen; wie wir auch jetzt Einem sagen können: Was du von Natur bist und aufbringen kannst, deine gute Erziehung, feine Erkenntnis, Gesetzes Werk unterscheiden dich von Anderen; man heißt dich das nicht geradehin wegwerfen, was du von dieser Art von Gerechtigkeit, an gutem Namen, stillen Tagen, Bewahrung deiner Gesundheit genießest u. dgl., das sei dir gegönnt. Aber in der Gerichtsstube, wo GOtt und das Gewissen über der Vergebung der Sünden miteinander zu tun haben, da soll das nicht hinein. Daß uns GOtt gerecht macht, die Sünde vergibt, Zugang zu seiner Gnade, Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit schenkt, das werden wir nimmer durch irgend ein Werk des Gesetzes zuwege bringen, das lernen wir allein aus GOttes Wort und Verheißung, und dadurch werden wir allein an JEsum Christum angeheftet. Selbst aus Moses und dem Zeugnis aller Propheten hat man es wissen können, daß die Gerechtigkeit nicht aus den Werken, sondern durch den verheißenen Erlöser komme. Nun da dessen Name durch das Evangelium gepredigt wird, so halten wir desto mehr darüber, und suchen unsere Gerechtigkeit in ihm allein. In GOttes Gericht unter dem Schrecken seines Zorns, gegen Drohen und Fluchen des Gesetzes gibt es keinen anderen Trost. So bald man aber Glauben nur als eine Erkenntnissache behandelt, zu welcher man etwa durch Nachdenken und Überzeugung kommt, aber die Not der Sünde im Gewissen überhüpft, den Hunger und den Durst nach der Gerechtigkeit wegläßt, so wird uns darüber der Glaube selbst gering. GOtt hat alles beschlossen unter die Sünde; da kann Keiner durchbrechen. Mit den im Gesetz GOttes gebotenen Werken der Liebe von ganzem Herzen zc. kann Keiner aufkommen vor der Schwachheit des Fleisches, und was man bei diesem Mangel von selbsterwählten Werken hinflicken will, das taugt ja gar nichts. Es kann hier nicht anders geholfen werden als durch den Glauben an JEsum Christum. Das ist die enge Pforte, durch die der Mensch durchdringen muß; vor welcher er von allem eigenen Ruhm ganz ausgezogen wird. – Aber mit der angenommenen Formel von der Rechtfertigung durch den Glauben großtun wollen, kommt sehr unverständig und unerfahren heraus. Das ist nach der Natur das größte Kreuz des Menschen, wenn er von allen Entschuldigungen, eingebildetem Ruhm, Gleißen von Außen abstehen muß. Da kriecht der Glaube zum Kreuz herzu. Wenn ich mir aber das wieder wollte streitig machen lassen, daß ich mit Zurücklassung aller Werke durch Christum allein gerecht werden soll; wenn ich an dem verzagen wollte, wie wenn ich mich durch solches Zurücksetzen der Werke versündigt hätte; wenn ich wieder auf die Werke zurückfiele, wie es bei Petri Art herausgekommen ist, so machte ich Christum zum Sündendiener. Petrus hat mit den Heiden gegessen und dazu aus dem Evangelio Freiheit gehabt, hat also aus dem Enthalten von gewissen Speisen und Umgang keine Gerechtigkeit gesucht, vielmehr die Herzensreinigung durch den Glauben aller Gesetzesreinigkeit vorgezogen. Wenn er aber durch sein nachmaliges Entziehen davon zu vermuten gab, daß er sich diese gebrauchte Freiheit zur Sünde rechnete, so hätte er zu dem leidigen Schluß Anlaß gegeben, als wäre Christus ein Sündendiener, und verschaffte Freiheiten, die man hintennach nimmer als rechtmäßig behaupten könne, sondern sich vom Gesetz als sündlich müßte verdammen lassen. Das sei ferne! Paulus aber hat deswegen dem Petro alle diese mißlichen Folgen nicht aufgebürdet. Durch den Glauben an die Gnade Christi war die Verbindlichkeit zur jüdischen Lebensart abgebrochen; durch das Entziehen vom Umgang mit den Gläubigen aus dem Heidentum ward sie wieder aufgerichtet. Das kommt ja heraus, als ob das vorige Abbrechen unrecht gewesen wäre. Nun sagt er vollends seinen ganzen Grund. Ich bin dem Gesetz nicht als ein Schelm entlaufen. Es hat einen Tod gekostet; ich habe es vorher auch mit dem Gesetz versucht, und wohl erfahren, wie weit man kommt, oder was dem Gesetz unmöglich ist. Nun aber bin ich rechtmäßig, wie bei einer durch den Tod getrennten Ehe, vom Gesetz los. Es verlangt mich nicht dies Band wieder zu knüpfen. Als ein aus dem Wort der Gnade gezeugtes Kind lebe ich nun GOtt, und begehre meinem Vater zu gefallen. Unter allen Gesetzeswerken kann man sich und das Seine suchen. Beim Gnadenleben heißt es allein GOtt gelebt. Was daß Gesetz an mir sucht, das weise ich an das Kreuz Christi, und meine daran habende Gemeinschaft. Ich habe dem Gesetz nichts abzustreiten. GOtt hat es selbst damit auf das Höchste geheiligt, daß er die Sünde am Fleisch seines Sohnes verdammt hat. Davon hat das Gesetz mehr Ehre, als ich ihm durch alle meine Bemühung geben könnte. Damit wird auch meine Freiheit nie ein Deckel der Bosheit. Aus der Gemeinschaft des Kreuzes Christi allein könnte man sich mein Christentum zu kümmerlich vorstellen; aber es ist auch eine Gemeinschaft mit seinem Leben. Und mein Leben im Fleisch, mein Bleiben auf diesem Kampfplatz der Sünde und der Gnade ist mir zu einer Probe gegeben, wie der Sohn GOttes selbst einmal im Fleisch einen Gang durch die Welt getan, und sich an seinen himmlischen Vater gehalten hat. Wo man der Gnade etwas an die Seite setzt, wird sie geschwächt, und das Gewissen vom Gründen auf dieselbe abgetrieben. Es ist ja doch leichter, alles Geschäft seiner Hände für vergeblich zu erklären, als daß Christus vergeblich sollte gestorben sein.
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