Romans 6
Text: Römer 6,1-11 Das sechste, siebente und achte Kapitel hängen genau zusammen, und machen miteinander eine vollständige Ermunterung aus zum getrosten Durchkämpfen in der Erneuerung, damit man die in der Rechtfertigung empfangenen Gnadenkräfte gehörig anwende; und den Stand der Rechtfertigung unter mancherlei nachfolgenden Anfällen behaupte, und doch in keine Verwirrung über der - noch anklebenden Sünde, gerate, sondern nach Art der Gerechtigkeit, die man in der Rechtfertigung erlangt, sich im Kampf gegen die Sünde vertragen, und sich in allen Stücken nicht als ein gezwungener Knecht, sondern als ein zu Gnaden angenommenes Kind darstelle. Zu solchem Ende trägt der Apostel nach einander vor: Die Kraft der Taufe zum Absterben von der Sünde und die Behauptung der Herrschaft über die Sünde durch die Kraft des einen Gnadenlebens (Kap. 6, 1-14). Er warnt vor dem Rückfall durch Betrug der Sünde, und trägt daher Manches vor, was zur Einsicht in den Zustand unter dem Gesetz, unter der Sünde und unter der Gnade gehört (Kap. 6, 15 - 7, 16). Er lehrt wie die inwohnende Sünde vom Wandeln nach dem Fleisch zu unterscheiden sei, und gibt Licht, wie man sich in die öftere Benebelung des inwendigen Menschen vom Fleisch schicken soll (Kap. 7, 17- 25). Er rühmt die Stärkung dagegen aus dem Geist, der zur völligen Gewißheit des Gnadenstandes hilft, und dem Menschen das große Rätsel, das er an sich selbst hat, immer besser auflöst (Kap. 8, 1- 11). Da es sich dann immer mehr aus allen Anstößen und Zweifeln zum vollen Sieg durchschlägt (Kap. 8, 12 - 39). Es sind diese drei Kapitel ein rechtes Meisterstück einer auf die Übung der Glaubens = Lehren gerichteten Rede. Es ist darin von der Sünde, von der Gerechtigkeit, vom Gesetz, von der Gnade, vom Fleisch, vom Geist, vom Leben im Fleisch, vom Wandeln nach dem Fleisch, von der Herrschaft über die Sünde, von den noch übrigen Anfällen der im Fleisch wohnenden Sünde, von der Zufriedenstellung darüber, wenn der Wille des Geistes einmal davon geschieden ist; von den mancherlei Leiden dieser Zeit, vom Tod des Leibes usw. so gehandelt, daß überall dem, was zu viel und zu wenig, was übertrieben, und was nachlässig sein könnte, begegnet ist. Der Apostel zeigt, daß man bei der Gnade nicht in der Sünde beharren könne, aus dem doppelten Grund, weil wir kraft der in der Taufe gestifteten Gemeinschaft mit Christo der Sünde gestorben, und weil wir kraft eben dieser Gemeinschaft in einem neuen Leben wandeln. Es ist nötig, die Lehre von der Gnade zu verwahren vor solcherlei Mißverstand und Mißbrauch: sollten wir denn in der Sünde beharren? Wollen wir die Sünde austoben lassen, weil doch die Gnade Alles gut machen muß, ob sie etwas weniger oder mehr zu vergeben hat? Usw. Diese Verwahrung ist nötig, nicht nur um derer willen, die sich sonst in der Sicherheit steifen, sondern auch um mancher Gewissenhaften willen, denen die Lehre von der Rechtfertigung um solches Mißbrauchs willen verdächtig wird. Es ist ja aber mit dem Ruhm von der über die mächtige Sünde noch viel mächtigeren Gnade nicht anders gemeint, als die Gnade brauche ihre Macht eben dazu, daß sie beim Menschen zur Herrschaft komme, und die Sünde besiege. Wer, nach der bisherigen Anweisung des Apostels, durch seine Sünden = Not getrieben, die Gnade in dem Versöhnungs = Tod Christi sucht, und zu diesem von GOtt vorgestellten Gnadenstuhl flieht, der gibt eben damit der Sünde Abschied, sagt ihr mit größtem Abscheu ab, entschließt sich zum willigen Absterben. O! Vergebung der Sünde kann man gewiß nicht anders suchen, als in dem Sinn, nimmer in der Sünde bleiben zu wollen. Dahin ist es ja schon mit unserer Taufe gemeint, daß uns Christi Tod, und die Bestätigung des Todes, in dem Begräbnis als unser eigen gelten, und uns auch der Eingang in ein neues Leben und in ein frohes Wandeln in demselben sein soll. Wie verborgen ist in der Natur die Sache mit einer Pflanze, sowohl ihrem Ersterben, als auch ihrem nachmaligen Fruchtbringen nach. Wer glaubte es zum Voraus, daß es so zuginge, wenn es nicht die häufige Erfahrung lehrte. Wie viel weniger läßt sich Gepflanztsein mit Christo zur Ähnlichkeit seines Todes durch bloße Begriffe ausmachen; wie gründlich ist es aber doch der Erfahrung nach? Der Heiland hat selbst gegen das Ende seines Laufs diese Vorstellung vom Gepflanztwerden in Ihn etlichemal gebraucht, da Er sich als ein in die Erde fallendes Weizenkorn (Joh.12), und als den rechten Weinstock (Joh. 15), vorgestellt hat. Auf GOttes Sinn und Rat in der Sache, auf die in seinem Gericht feste Gültigkeit, und dann auf unsere bei dem Glauben uns verliehene Einfalt, und dazu hergegebenes Jawort, weißt der Apostel beständig. Der Sohn GOttes kam um deswillen in der Gestalt des sündlichen Fleisches, damit Er darin unseren alten Menschen vorstellen konnte, und bei unserem Bekenntnis zu seinem Kreuz geht ein wirkliches Kreuzigen und Sterben unseres alten Menschen vor, dabei dessen Sinn und Wille und mithin unser Leben untergeht. Mit des Leibes und seiner Glieder äußerlicher Kreuzigung und Tötung kann man es bei uns nicht anfangen, denn das Leben, oder das Bleiben im Fleisch, ist uns nötig, daß sich während demselben ein Leben aus dem Wort der Gnade im Innern anlegen, und zur gehörigen Kraft kommen kann. Mithin bedeutet hier der sündliche Leib den durch die Glieder des Leibes geschäftigen alten Menschen, als dessen Aufhören ist, wenn man der Sünde nicht dient, sondern sich mit dem Willen des Geistes in die Gemeinschaft und Kraft des Kreuzes Christi hingibt, und der Sünde die Glieder entzieht. Dieser Sinn aber reicht freilich so weit hinaus, daß man auch das wirkliche Aufhören des sündlichen Leibes im Tode als die Krone au sein bis dahin unvollkommenes Glaubenswerk ansieht, und daher redlich wünscht. Wer durch solche Erkenntnis und Verpflichtung zu Christi Tod der Sünde gestorben ist, wer durch eine solche Verhaftung an einen für uns gestorbenen Bürgen seinen Sinn zu dessen Tod hergibt, der ist gerechtfertigt von der Sünde, an den hat die Sünde ihr Recht verloren, der ist rechtmäßig von ihr frei (V.18, 22). Man ist nicht mehr ihr Schuldner, man kann sie vielmehr verdammen. Das ist eine wichtige und große Frucht, die aus dem Geheimnis unserer Erlösung erwächst. Gesetzt, wir hätten alle unsere Strafe selbst ausstehen Können und müssen, so käme das nicht heraus. Denn bei uns geschähe Alles gezwungen. Der Haß wider GOttes Gericht, und die Liebe zur Sünde bleibe bei uns. Der Wille und die Kraft, die Sünde zu verdammen, kommt ganz allein aus Christo und seinem Kreuz her. Wo auch noch jetzt einem Menschen seine Sündenstrafe heilsam wird, da kommt es daher, daß ein Same von Christi Kreuz, ein Wohlgefallen an GOttes Rat darunter aufgeht, dabei man mit Herz und Gewissen in die Freiheit von der Sünde durchdringen kann. Je gründlicher man dies Gepflanztsein zu gleichem Tode an sich zu verstehen lernt, je richtiger lernt man auch auf die Gemeinschaft des Lebens schließen, oder aus einem vom andern gewiß werden. Ohne Hingabe seines Sinns auf das Geheimnis des Kreuzes kommt man zu keinem Glauben an sein Leben und Herrlichkeit. Aber die Hingabe in die Gemeinschaft seines Todes kann man sich durch den Glauben an sein Leben merklich versüßen. Wie bald war das leiden des Todes bei Christi überstanden! Wie weit reichen nun die Früchte davon! und wie führt Er nun das aus der Herrlichkeit des Vaters empfangene Leben zur Ehre, Freude und Wohlgefallen seines GOttes ! - Alles auf sich Hineinstürmen tut der Sünde nicht so viel Abbruch, als dies dem Evangelium gemäße Dafürhalten, daß man der Sünde gestorben sei. Wenn der Mensch auch wirklich durch solche Übungen und Strenge die Lust in sich brechen könnte, so nährte es desto mehr den Hochmut, der nur meinte, über die Regungen der Sünde Meister geworden zu sein. Durch Hingabe in Christi Tod aber wird nicht nur die böse Lust, sondern auch des Menschen Selbst = Ruhm gebrochen. Es ist wahr, der Heiland hat es freilich ein Ausreißen des Auges, ein Abhauen der Hand geheißen; ein solcher Ernst gehört auch dazu. Nur wird die Benennung das einemal mehr von der Willigkeit des Geistes hergenommen, das anderemal mehr von der Gewalt, die darunter dem Fleisch angetan werden muß. Es ist aber nicht wider einander. Je besser uns Christi Geheimnis durch den Heiligen Geist verklärt wird, je mehr geht es aus dem willigen Geist, der dafür hält, daß er mit Christo gestorben sei, und aus Liebe zu Christus jede Regung der Sünde verdammt, und darunter rechtmäßiges Freisein von der Sünde behauptet, aber GOtt lebt in Gerechtigkeit, Friede und Freude des Heiligen Geistes, der das Alles erkennen lehrt, und uns alle gläubigen Schlüsse versiegelt. Text: Römer 6,12-14 Der Apostel zeigt noch weiter, wie man sich dann gegen die Sünde als tot, und gegen GOtt als einen lebenden Untertan der Gerechtigkeit ansehen können und solle. Hier sieht der Apostel die Sünde in ihrem ganzen Umfang an, nicht allein, wie sie außer dem Menschen ist, in der Welt, und in ihrem ganzen Geist und Lauf ihr Werk hat, durch Mißbrauch des Gesetzes, durch Unverstand, durch Vorurteile, durch böse Geschwätze einen mannigfaltigen Betrug spielen kann. Denn dadurch übt die Sünde eigentlich die größtes Gewalt, daß der eigene böse Naturteil, womit man behaftet ist, und was man sich von Kindheit an zugezogen hat, nun auch durch das Verderben der ganzen Welt beständig gereizt, angeblasen wird, und wie durch Furcht und Schrecken des Gesetzes, durch den Anblick, wie vergeblich aller Widerstand ist, durch Erfahrung von so vielen mißlungenen Vorsätzen, immer verwirrter und verzagter werden, mithin auch zum Widerstand untüchtiger sind. Gegen eine so große Macht der Sünde, und ihrem vielfachen Vorteil, muß man nun zu dem rechten Überwinder fliehen, und das von Ihm gestiftete Reich der Gnade und Gerechtigkeit kennen und sein in der Taufe daran erhaltenes Recht behaupten lernen. Laßt also die Sünde nicht herrschen; gesteht ihr keine Macht zu, und laßt euch durch ihre herausgenommenen Ansprüche nicht schrecken. An eurem sterblichen Leib wird sie freilich Gelegenheit suchen; dessen inwohnende und als ein Zunder leicht entzündliche Begierden sind ihr bequem, sich vermittelst derselben wieder auf den Thron zu schwingen. Aber aus der Erkenntnis Christi könnt ihr den Gehorsam ihr abschlagen; wird aber die Einwilligung verhütet, so könnt ihr auch die Gelegenheit fliehen, und die Glieder entziehen, um so mehr, als ihr ja schon viel in euch gedrungenes Licht und Wahrheit GOttes dämpfen, und wie mit Waffen der Ungerechtigkeit bestreiten müßtet. Stellt euch vielmehr mit eurem neugeschaffenen Willen, mit eurer an der Gnade und Gerechtigkeit gewonnen Lust GOtt dar, als mit Christo Aufgelebte, und durch seine Gnade zum Mitherrschen im Leben Berufene; so werdet ihr leicht die äußere Einrichtung eures Lebens auch so machen können, daß der Gerechtigkeit darunter aufgeholfen, das Unrecht aber bestritten werde. Denn dahin wird die Sünde es die Sünde mit allen ihren Anfällen nimmer bringen, daß sie euren Willen und gehorsam unter sich brächte; sintemal sie euch den Mißbrauch mit dem Gesetz nimmer spielen kann, da sie aus dem Gesetz tausenderlei Anforderungen aufgibt, und wenn man mit denselben nie fertig werden kann, und also nichts herauskommt, den Menschen hernach im Gewissen niederschlägt, und das Urteil auf ihn bringen will: gib's nur auf, du siehst ja doch, daß deine Sache nichts ist; mit welchem durch das Gesetz dem Menschen eingejagten Schrecken die Sünde immer wieder den Meister spielt. So aber, sagt der Apostel, ist's ja bei euch nicht; sondern ihr habt bei eurer Rechtfertigung zum Leben auch die Freiheit vom Fluch des Gesetzes erlangt; und auch was euch jetzt zum Dienst der Gerechtigkeit anhält, ist nicht das Gesetz, sondern die Gnade und ihre Zucht. Beim Gesetz ist der Vermessenheit, oder der Verzagung kein Ende. Aber daß euch GOtt unter die Gnade, ihre Herrschaft und Zucht genommen hat, damit ist der Lust und dem Grimm, worunter die Sünde ihren Vorteil sucht, abgeholfen. Haltet euch nur immer gegen alle Anfälle der Sünde an Den, der euch vom Gesetz erlöst hat. Laßt euch die Gnade, und was GOtt getan hat, euch in derselben fest zu setzen, groß sein und bleiben. Luther sagt: wo die Gnade regiert, bleibt das Gewissen frei, und zwingt die Sünde im Fleisch ab; aber ohne Gnade verdammt das Gesetz das Gewissen, und damit hat es die Sünde gewonnen. Text: Römer 6,15-23 Für das blöde Gewissen kann man nicht tröstlich und faßlich genug von der Gnade des Evangeliums zeugen; und wegen dem Fleisch, das sich's dabei breit und bequem machen will, kann man es nicht sorgfältig genug verwahren. Daraus fließt denn des Apostels weiterer Vortrag, der eigentlich auf eine Warnung vor dem Rückfall aus der Gnade angesehen ist. Oben fragte der Apostel: sollen wir in der Sünde beharren, ohne sie anzugreifen? Jetzt fragt er: Sollen wir sündigen? Also nach schon gefundener Freiheitsbahn wieder in die Sünde zurückfallen? Das sei ferne! Wer so sündigte, der käme wieder unter das Gesetz, und fiele also aus der Gnade. Nach den aus der freimachenden Wahrheit empfangenen Gnadenkräften, kann man einem schon eine solche Macht zugestehen, sich wieder der Sünde zu ergeben, oder bei dem angefangenen neuen Gehorsam auszuhalten. Hat eure ehemalige Knechtschaft der Sünde den Sieg der Wahrheit bei euch nicht verhindert, wie viel mehr wird sich nun die gewonnene Freiheit gegen alle Versuchungen zum Rückfall behaupten lassen. Wenn ihr schon nicht unter dem Gesetz seid, so seid ihr deswegen nicht ohne Vorschrift. Dem Vorbild der Lehre seid ihr ja mit so vieler Überzeugung, Wohlgefallen und Beruhigung gehorsam geworden, als man sich nicht leicht ab etwas Anders so von Herzen ergeben kann. Da ihr durch Hingebung eures Sinnes in Christi Tod gerichtlich von der Sünde losgekommen seid; so hat ja das gleich die Verpflichtung und Schuldigkeit, in einem neuen Leben zu wandeln, und GOtt in Gerechtigkeit zu dienen, nach sich gezogen. Wenn ein Christ auch den bisher gezeigten tiefen Grund nicht einsähe, aber doch nach der erweckten Willigkeit seines Gehorsams sich in die Sache ergäbe; so kann er aus dem Folgenden sehen, wie er es anzugreifen habe. Man soll nämlich den von der göttlichen Traurigkeit gewirkten Eifer und Rache über die Sünde (2.Kor. 7, 10-11) dahin durchdringen lassen, daß man gegen den ehemaligen Mißbrauch seiner Glieder sie nun desto ernstlicher und wachsamer von allem fremden Dienst abziehe, um GOttes und Christi allein zu sein. Der verlorene Sohn, der verlaufene Sünder bildet sich freilich eine Freiheit ein, wenn er nimmer unter des Vaters Augen ist, und von der täglichen Ansprüchen der Gerechtigkeit aufgefordert wird. Aber, wenn er in sich schlägt, und über das, was in der Unbesonnenheit geschehen ist, nachdenken kann, was hast du davon? so schämt er sich. Wenn es bei einem Anderen auf dem Weg des Gehorsams, in der Freiheit von der Sünde, und im Dienst GOttes schon nicht so schnell und unangestoßen fortgeht, so hat er doch die Frucht, daß es immer zu einer mehreren Scheidung bei ihm kommt, und den Trost, daß es auf ewiges Leben hinausgehe. Sünde und Tod muß freilich unter manchem Widerstand überwunden werden; aber man wird doch in seinem Mut nicht matt, so lange der Zuspruch noch erschallt: Das Ende aber das ewige Leben: Der Sünde und ihres Dienstes Sold ist der Tod; aber was GOtt seinen Streitern, die Ihm ihre Glieder zu Waffen der Gerechtigkeit hingegeben haben, zum Gnadenlohn bestimmt hat, ist ewiges Leben in Christi Jesu unserem HErrn. Wein Christ steht immer noch mitten inne zwischen Sünde und Gnade. Um der Sünde willen nagt der Tod an seinen Gliedern; die Gnade aber hilft dem ewigen Leben, und der Hoffnung desselben an ihn auf.
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