‏ 1 Samuel 20

Einleitung

Die Geschichte Davids wird in diesen Kapiteln bis ins Detail beschrieben. Das liegt daran, dass der Heilige Geist ihn liebhat. Wir haben ihn auch lieb und haben ein Interesse für alles, was er mitmacht. Es wird lebendig beschrieben. In vielen Details finden wir etwas, was der Herr Jesus mitgemacht hat. Zunächst ist David noch kein Flüchtling, aber er wird es in den folgenden Kapiteln. Er wird ein Flüchtling, weil er sich weigert, Gottes Zeit vorwegzulaufen und das Recht in die eigene Hand zu nehmen. Saul bleibt für ihn „der Gesalbte des HERRN“, gegen den er, solange das so bleibt, die Waffen nicht erheben wird.

Wir sehen in diesem Kapitel in David ein Kind Gottes, das auf der Suche nach dem Willen Gottes ist. Darum ist das Kapitel so lang. Es beschreibt, wie David sich dagegen wehrt, ein Flüchtling zu werden. Das ist nicht, weil er das nicht will, obwohl es nicht anziehend ist, sondern aus Pflichtbewusstsein als Diener Sauls. Er hat nicht das Recht, wegzugehen, zu flüchten. Er will bis zum Äußersten bei Saul bleiben, um ihm zu dienen, und ist bereit, dafür alles zu ertragen, um nur kein untreuer Sklave zu sein. Dessen beschuldigt Nabal ihn später (1Sam 25:10). David flüchtet jedoch erst, als ihm keine andere Möglichkeit mehr bleibt.

Dieses Kapitel ist auch ein Abschied, den zwei Freunde, die sich innig liebhaben, voneinander nehmen. Das macht den Wegzug für David auch so schmerzhaft und unattraktiv.

David weiß, dass Saul ihn töten will

David flieht zu seinem Freund Jonathan und schüttet ihm sein Herz aus. Er fragt sich verzweifelt, was er denn getan hat, dass sein Vater ihm so nachjagt. Jonathan will David beruhigen. Er glaubt nicht, dass sein Vater das tut. Sonst würde er es doch wissen. David hat seine Zweifel. Er weiß, dass Saul seinem Sohn nicht alles erzählen würde, da Saul sehr wohl weiß, dass sein Sohn ein Freund Davids ist. David kann nicht anders denken, als dass Saul vorhat, ihn aus dem Weg zu räumen. Das hat er mehrere Male erfahren. Er ist schon einige Male der Mordsucht Sauls entkommen, aber wie lange kann das noch andauern, bis er doch in die Hände Sauls fällt? Sein Leben hängt an einem seidenen Faden.

David schlägt einen Test vor

Jonathan ist ein wahrer Freund. Er will David helfen. Er fragt, was er für ihn tun kann und verspricht auch, das zu tun, was David verlangt. Dabei stellt er keine Bedingungen, denn er weiß, dass das, was David verlangen wird, nur gut ist. Das ist die Äußerung eines Herzens, das den anderen lieb hat. Es ist die Frage und die Gesinnung des Gläubigen, der den Herrn Jesus lieb hat.

David will nur wissen, was Saul mit ihm vorhat. Darum schlägt er einen Plan vor, um die Gesinnung Sauls zu testen. Durch diesen Plan soll auch für Jonathan deutlich werden, was sein Vater will. Vielleicht geht es mehr darum selbst Gewissheit zu bekommen.

Ist dieser Plan irreführend, eine Lüge? Es ist vergleichbar mit dem, was Mose zum Pharao sagt, als er ihm vorschlägt, Israel drei Tagereisen weit in die Wüste gehen zu lassen, um dort dem HERRN ein Fest zu feiern. Dass das endgültige Ziel darin besteht, das Volk zu befreien und nach Kanaan zu bringen, erzählt Mose dabei nicht. Die Frage, die Mose stellt, ist die Frage eines Knechtes nach einem kurzen Urlaub, wodurch die Gesinnung des Pharaos auf die Probe gestellt wird. Es geht nicht um Unaufrichtigkeit, sondern um einen Test. So ist das auch bei David.

Alle, die in einem Platz der Unterwerfung sind, können von David lernen. Er nimmt gegenüber Jonathan den Platz eines Dieners ein und nennt sich auch so. Jonathan ist der Sohn seines Herrn. Er gibt ihm auch das Recht, ihn zu töten, wenn in ihm Sünde sein sollte, wie Saul behauptet.

Wie Jonathan David informieren wird

Jonathan weist den Gedanken Davids, ihn zu töten, entschieden zurück, denn er vermutet nichts Böses an David. Außerdem wird er sich sicher auf seine Freundschaft berufen und ihn informieren, wenn er merkt, dass sein Vater ihm Böses tun will. David fragt, von wem er die wahre Gesinnung Sauls erfahren soll.

Jonathan antwortet nicht direkt, sondern schlägt vor, nach draußen zu gehen, um dort weiterzusprechen. Er ergreift die Initiative und David folgt. David verhält sich königlich, indem er sich der herrschenden Autorität unterordnet. Er pocht nicht auf seine Rechte als gesalbter König. Er weiß, was er sein wird, aber nimmt die Zukunft nicht vorweg, indem er sich etwas anmaßt, was der HERR ihm noch nicht gegeben hat. Er muss erst als Diener gehorchen lernen, bevor er als König herrschen kann.

Jonathan gelobt feierlich bei dem HERRN, dass er David auf jeden Fall wissen lassen wird, wie sein Vater reagiert. Er wird auch dafür sorgen, dass David nichts passieren wird. Er weiß, dass David der Gesalbte ist. Er wünscht ihm die Gegenwart des HERRN, so wie auch sein Vater sie erfahren hat. Er unterwirft sich dem zukünftigen König, nachdem er ihn als Kronprinz hat gehen lassen.

Zum Schluss bittet er David um dessen Gunst für sich selbst und seine Familie. Er hat hier einen prophetischen Blick in die Zukunft. Für sich selbst bittet er darum, weiterleben zu dürfen, wenn David König geworden ist. Er wird darin die Güte des HERRN erkennen. Für sein Haus bittet er um die Güte Davids. Was David betrifft, weiß er, dass der HERR alle seine Feinde ausrotten wird.

Der Bund

Ihre Liebe wird aufs Neue bekräftigt. Jonathan schließt nicht nur einen Bund mit David, sondern auch mit dem Haus Davids. Er erwartet von den Nachkommen Davids dieselbe Güte wie von David selbst. David handelt später auch dem entsprechend (2Sam 9:3; 6; 7). Die Feinde Davids, die möglicherweise auch seinen Kindern Böses tun können, übergibt er dem Handeln des HERRN.

Der Grund, warum Jonathan so danach verlangt, dass ihre Freundschaft auf seine Nachkommen übergeht, hat mit seiner Liebe zu David zu tun. Er hat David lieb mit der Liebe seiner Seele und ihn verlangt danach, dass David diese Liebe mit einem Schwur beantwortet, dass er Jonathan lieb hat.

Das Zeichen mit einer Botschaft

Nach der Bekräftigung ihrer Liebe füreinander reden die Freunde weiter über die aktuelle Situation, um für David den Willen des HERRN zu erkennen. Muss er zurück zu Saul oder muss er ein Flüchtling werden? Die Sicherheit darüber soll durch Davids Abwesenheit an einem Neumondtag erreicht werden. Als Oberste der Armee Sauls muss David an diesem Tag sicher anwesend sein. Wenn er drei Tage weg ist, wird Saul sicher wissen lassen, was er davon hält.

Es wird die Absprache getroffen, dass Jonathan nach drei Tagen das Ergebnis weitergeben soll. Das soll durch das Abschießen von Pfeilen in die Richtung des Ortes, an dem sich David versteckt hält, geschehen. Möglicherweise machen sie diese Absprache, weil es nicht sicher ist, dass Jonathan es David persönlich sagen kann. Durch das Zeichen der abgeschossenen Pfeile wird Jonathan David deutlich machen, was die Gefühle Sauls ihm gegenüber sind.

Aus diesem Zeichen wird der Wille des HERRN ersichtlich. Jonathan spricht nur davon, dass der HERR David wegsendet. Es scheint, als würde er gar nicht mit der Möglichkeit rechnen, dass der HERR es so lenkt, dass David zum Hof Sauls zurückgehen kann. Er verweist auf den HERRN als den, der ihn und David miteinander verbindet. Das kann kein Saul voneinander trennen.

Saul trachtet danach, Jonathan zu töten

David verbirgt sich auf dem Feld und wartet auf die Botschaft, die Jonathan bringen wird. Als es Neumond ist, setzt sich Saul auf seinen gewohnten Platz, an der Wand. Das ist ein taktischer Platz, denn so kann er nicht von hinten angegriffen werden. Vielleicht sagt es etwas über sein Misstrauen gegenüber denen, die ihn umgeben. Jemand, der neidisch ist, vertraut niemandem.

Das Einnehmen der Plätze wird anschaulich beschrieben. Als Saul sich setzt, steht Jonathan aus Ehrfurcht auf. Abner, der Heeroberste Sauls, sitzt neben Saul. Saul interessiert sich nur für den Platz Davids, der leer bleibt. Wir hören, was er darüber denkt. Das ist typisch für Saul. Er kann nicht anders, als in den Begriffen rein und unrein zu denken. Er ist wie der Pharisäer, der nur auf das Äußere sieht.

Zugleich sagt es auch etwas von David. Saul kennt ihn als jemanden, der das Gesetz genau beachtet und lieber von einem heiligen Fest fernbleibt, als in Unreinheit daran teilzunehmen. Bei Christen sehen wir oft das Gegenteil. Sie bleiben einerseits leicht den eigenen Zusammenkommen fern (Heb 10:25) und nehmen andererseits leichtfertig am heiligen Abendmahl teil (1Kor 11:27-30).

Am zweiten Tag will Saul wissen, warum David nicht gekommen ist, und fragt danach. Er stellt seine Frage nicht in die Runde, sondern zielgerichtet an Davids Freund, seinen Sohn Jonathan. Er ist davon überzeugt, dass Jonathan weiß, wo David ist. Als Jonathan die vereinbarte Erklärung abgibt, ist Saul wütend über Jonathan. Er schüttet seinen ganzen Grimm über ihn aus. Hierdurch erfährt Jonathan, was es bedeutet, ein Freund Davids zu sein. Es ist nicht möglich, auf der Seite Davids zu stehen, ohne den Zorn Sauls auf sich zu ziehen. So ergeht es auch dem Christen, der sich klar für Christus entscheidet.

Saul weist Jonathan darauf hin, dass er mit seiner eigenen Position spielt. Er wird nie König sein können, solange David lebt. Dann gibt er Jonathan den Auftrag, David zu holen, um ihn zu töten. Jonathan setzt sich wieder für David ein und fragt seinen Vater, welchen Anlass es gibt, David zu töten. Dann kommt der deutliche Beweis für den Hass seines Vaters gegenüber David. Saul wirft seinen Speer nach seinem eigenen Sohn, um ihn zu töten.

Hier teilt Jonathan das Los Davids, der auch so sehr von Saul gehasst wird, dass er ihn töten will. Der Speer, der mehrere Male nach David geworfen wurde, wird nun nach dessen Freund geworfen, obwohl es sein eigener Sohn ist. Auf dieselbe Weise bringt eine Entscheidung für den Herrn Jesus Trennung in Familien. Familienmitglieder überliefern ein Familienmitglied in die Hand der Feinde (Lk 21:16; 17).

Die Botschaft durch das Zeichen

So, wie es abgesprochen ist, geht Jonathan auf das Feld, um David von der Haltung seines Vaters ihm gegenüber zu berichten. Er schickt den Knaben inzwischen in die Richtung, in die er den Pfeil schießen wird und fordert ihn auf, sich zu beeilen. Der Knabe gehorcht direkt. Während er schnell wegläuft, schießt Jonathan einen Pfeil über ihn hinweg und ruft dem Knaben hinterher, dass der Pfeil weiter weg von ihm liegt. Die Botschaft ist für David deutlich. Die Botschaft ist nicht nur klar, sie ist auch dringend. Es ist Eile geboten. Darum spornt Jonathan den Knaben zu noch mehr Eile an.

Jonathan hat den Pfeil weit geschossen als Zeichen dafür, dass der Hass Sauls sehr weit geht. David soll wissen, dass sein Leben nicht mehr sicher ist. Der Pfeil ist eine klare Botschaft. Er kommt in Wirklichkeit aus der Hand des HERRN (1Sam 20:22).

Als der Knabe seinen Auftrag erfüllt hat, gibt Jonathan ihm seine Waffen und schickt ihn zur Stadt zurück. Der Knabe wird nicht mehr benötigt. Er hat, ohne sich dessen bewusst zu sein, eine wichtige Aufgabe erfüllt. Indem er die Befehle Jonathans treu ausgeführt hat, hat er zum Schutz Davids beigetragen. So werden öfter Aktionen durch Menschen ausgeführt, die treu das getan haben, was sie sollten, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass sie zum Schutz von Gottes Kindern, die sich in Gefahr befanden, beigetragen haben.

Abschied

Als der Knabe weg ist, kommt David zum Vorschein. Er ist immer noch der Diener gegenüber dem Kronprinzen, mit dem er auch eine innige Freundschaft hat, und beugt sich tief vor ihm nieder. Es ist eine bewegende Begegnung, da sie wissen, dass es das letzte Mal sein wird, dass sie sich sehen. Dass sie einander doch noch einmal treffen (1Sam 23:16), ist keine Wiederherstellung des innigen Umgangs, den sie bis jetzt gehabt haben.

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